
Snare ist der erste Teil der neuen Staffel (Staffel 4) der Big Finish Reihe The Ninth Doctor Adventures. Geschrieben von Tim Foley, inszeniert von Helen Goldwyn, bringt es Christopher Eccleston als den Neunten Doktor zurück zusammen mit Rose Tyler (Billie Piper) und Jackie Tyler (Camille Coduri). Die Geschichte spielt unmittelbar nach der TV-Folge Father’s Day.
In Snare kehrt ein Jugendfreund von Rose, Kevin, nach langer Abwesenheit zurück auf das Powell Estate, weil sein Vater gestorben ist und er dessen Wohnung räumen muss. Das bietet den Rahmen für Begegnungen mit Rose, Jackie und dem Doktor — und für ein mysteriöses, fremdartiges Phänomen, das unter dem Estate schlummert.
Die Handlung
Die Geschichte beginnt damit, dass Kevin, ein Kunststudent, in die Wohnung seines verstorbenen Vaters zurückkehrt, um Dinge zu regeln. Sein Umfeld: das Powell Estate, welches Rose und Jackie nach wie vor ihr Zuhause nennen. Rose lebt dort zurückgezogen nach den Ereignissen von Father’s Day, sie ist noch stark vom Verlust ihres Vaters gezeichnet.
Kevin bringt seine Studienfreundin Marlene mit — sie ist etwas elitärer, reflektiert Klassenunterschiede und stellt Fragen, die Kevin lange verdrängt hat.
Bald kommt heraus, dass unter dem Estate etwas Altes, Fremdes existiert — Pflanzenartige Formen, die sich in Badezimmern zeigen, merkwürdige Geräusche, seltsame Veränderungen, die Wahrnehmung von Räumen wird verzerrt etc. Das Snare (zu Deutsch etwa: Falle, Netz, Masse, aber hier im Sinne von Falle) ist nicht nur physisch, sondern auch emotional: Kevin ist gefangen in seiner Trauer, in seiner Beziehung zu seinem verstorbenen Vater, und Rose ebenfalls in der Trauer um ihren Elternteil.
Der Doktor mischt sich ein, versucht aufzuklären, Hilfe zu leisten. Die Konflikte sind nicht nur gegen eine außerirdische Bedrohung, sondern auch innerlich: Schuldgefühle, ungelöste Beziehungen, Erkenntnisse über sich selbst und sein Verhältnis zu Menschen. Am Ende gibt es eine Konfrontation, nicht nur mit dem Fremden, sondern mit den eigenen Dämonen der Figuren. Der Doktor zeigt dabei Mitgefühl, er ist nicht nur der Reisende, der Monster bekämpft, sondern auch jemand, der zuhört und Verständnis zeigt.
Charaktere
Der Neunte Doktor
Christopher Eccleston zeigt hier einen Doktor, der weniger durch Action definiert ist, sondern durch Mitgefühl und emotionalen Tiefgang. Er ist nicht mehr ständig unterwegs, sondern verweilt, schaut auf das Alltägliche, versucht, in Roses Leben und in den familiären Alltag reinzuwirken. Man hört altbekannte Seiten: seinen trockenen Humor, sein Temperament, aber auch die Menschlichkeit, die besonders in Interaktionen mit Rose und Jackie zum Vorschein kommt.
Rose Tyler
Rose ist verletzlich, geprägt von dem Verlust ihres Vaters (aus Father’s Day). Sie versucht, ihr Leben weiterzuführen, ist aber in ihrer Trauer, ihren Erinnerungen und dem, was sie verloren hat, gefangen. Snare gibt ihr Gelegenheit, zurückzublicken, aber auch neue Einsichten über sich selbst zu gewinnen. Sie steht zwischen dem Wunsch, weiterzumachen, und der Notwendigkeit, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Jackie Tyler
Jackie bringt Bodenständigkeit, Wärme, Alltag in die Geschichte. Sie ist eine wichtige moralische und emotionale Stütze. Ihre Beziehung zum Doktor und Rose – einerseits mütterlich, andererseits kritisch — zeigt sich wieder klarer. Sie ist nicht nur Comic Relief, sondern oft der emotionale Kompass.
Kevin
Eine zentrale neue Figur. Kevin ist ein Jugendfreund von Rose, der nach dem Tod seines Vaters zurückkehrt. Er trägt schwere emotionale Last: Trauer, Schuldgefühl, möglicherweise auch die Erkenntnis, dass er nicht alles im Leben kontrollieren kann. Er muss sich nicht nur mit dem Tod auseinandersetzen, sondern auch mit dem, wer sein Vater war – und wer er selbst in dessen Schatten war. Seine Entwicklung ist einer der stärksten Aspekte des Hörspiels.
Marlene
Sie ist Kevins Studienfreundin, eher elitär, reflektiert Klassenunterschiede, bringt einen anderen Blickwinkel. Allerdings wird ihre Rolle von manchen Rezensenten als etwas untergenutzt empfunden: Sie verschwindet im zweiten Teil etwas, und ihr Charakter bekommt nicht alle möglichen Facetten, die man sich gewünscht hätte.

📱 WhatsApp-Kanal
Immer auf dem Laufenden – direkt in deinem WhatsApp! Erhalte exklusive Hörspiel-Tipps, Neuerscheinungen, Hintergrundinfos und Highlights, bevor sie alle anderen sehen.
Jetzt dem WhatsApp-Kanal beitretenThemen & Motive
Eines der größten Stärken von Snare liegt in seiner Themenvielfalt. Tim Foley nutzt die Geschichte nicht nur, um eine spannende Handlung zu erzählen, sondern um auf verschiedenen Ebenen Fragen zu stellen, die für die Figuren – und die Hörer – relevant sind. Das macht Snare zu einer der introspektivsten und emotional intelligentesten Ninth-Doctor-Geschichten von Big Finish.
Das wohl zentralste Thema ist der Umgang mit dem Tod. Sowohl Kevin als auch Rose stehen an einem Punkt in ihrem Leben, an dem sie Abschied nehmen müssen – Kevin von seinem Vater, Rose von der idealisierten Vorstellung ihres eigenen Vaters, den sie in Father’s Day retten wollte. Snare ist somit eine Fortsetzung dieses emotionalen Bogens.
Interessant ist, wie die Geschichte Trauer darstellt: Sie ist nicht geradlinig, nicht sauber abgeschlossen, sondern etwas, das in Wellen kommt. Kevin schwankt zwischen Wut, Nostalgie, Schuld und Gleichgültigkeit. Rose wiederum erkennt, dass sie noch nicht vollständig akzeptiert hat, was sie erlebt hat. Diese Parallelen erzeugen eine Spiegelung zwischen den Figuren, die für den Hörer sehr nachvollziehbar ist.
Der Doktor selbst, der den Verlust seines eigenen Volkes und den Zeitkrieg mit sich trägt, wird nicht explizit thematisiert, doch seine Reaktionen, sein Mitgefühl und seine Versuche, Trost zu spenden, deuten an, dass er diese Themen auf einer tiefen Ebene versteht. Dadurch wirkt Snare wie ein leises Gespräch zwischen drei Menschen (und einem Time Lord), die alle in irgendeiner Form lernen müssen, loszulassen.
Der Titel Snare (engl. für „Falle“ oder „Schlinge“) ist nicht zufällig gewählt. Die „Falle“ ist mehrschichtig:
- Emotionale Falle: Kevin ist gefangen in seiner Vergangenheit, in der Beziehung zu seinem Vater, in ungelösten Konflikten.
- Soziale Falle: Das Powell Estate steht als Symbol für soziale Enge, Herkunft, und wie schwer es sein kann, dem Ort der Kindheit zu entkommen.
- Physische Falle: Die außerirdische Bedrohung manifestiert sich wortwörtlich als Netz, als Umklammerung, aus der man sich befreien muss.
Diese drei Ebenen verstärken sich gegenseitig. Erst wenn die emotionale Falle gelöst wird, können auch die anderen Fallen überwunden werden. Das verleiht der Geschichte eine fast kathartische Struktur: Das Überleben hängt davon ab, ob man sich selbst befreien kann.
Ein weiteres starkes Motiv ist die Frage nach der eigenen Identität. Kevin muss sich fragen: Wer bin ich ohne meinen Vater? Wer bin ich, wenn ich mich nicht länger über meine Vergangenheit definiere? Diese Identitätskrise ist besonders relevant, weil sie in einem Übergangsmoment seines Lebens spielt – er ist nicht mehr der Junge von früher, aber auch noch nicht der Mann, der er sein will.
Rose erlebt eine ähnliche Reise: Ihr Abenteuer mit dem Doktor hat sie verändert, aber sie ist noch nicht an dem Punkt, an dem sie ihre Rolle in der Welt versteht. Das Estate, die Nachbarschaft, Jackie – das alles erinnert sie daran, woher sie kommt. Snare konfrontiert sie damit, dass sie beides sein kann: die Abenteurerin und das Mädchen von nebenan.
Der Doktor wiederum erkennt, dass seine Identität als „Held“ nicht immer bedeutet, Dinge mit Gewalt oder List zu lösen. Hier wird er zum Zuhörer, zum Vermittler, fast schon zum Therapeuten. Das ist ein erfrischender Kontrast zu den actiongeladenen Geschichten, in denen der Doktor oft der unaufhaltsame Macher ist.
Big Finish hat es geschafft, das Powell Estate wieder als realen, fast greifbaren Ort darzustellen. Die Geräuschkulisse, die Gespräche, die Anspielungen auf Nachbarn und Alltagsprobleme – all das lässt die Geschichte geerdet wirken.
Marlene, Kevins Studienfreundin, bringt eine Außenseiterperspektive hinein. Sie ist nicht Teil des Estates, sie kommt aus einem anderen Milieu. Ihre Reaktionen – manchmal neugierig, manchmal herablassend – werfen ein Licht auf das Thema soziale Klasse. Rose, die selbst oft als „working class companion“ gelesen wird, ist hier nicht nur die Retterin, sondern jemand, der sich in zwei Welten bewegt: dem vertrauten Estate und den weiten Reisen mit dem Doktor.
Ein klassisches Doctor-Who-Motiv: Das Fremde bricht in die Normalität ein. In Snare ist das nicht die ferne Galaxis, sondern die unmittelbare Nachbarschaft. Badezimmer, Küchen, Flure – Räume, die eigentlich Sicherheit geben sollen – werden zu Orten der Bedrohung.
Diese Umkehr erzeugt eine beklemmende Stimmung. Die außerirdische Präsenz wird nicht nur als Monster inszeniert, sondern als etwas, das mit den Gefühlen der Figuren resoniert. Das macht die Bedrohung nicht nur physisch gefährlich, sondern auch emotional intensiv.
Trotz der düsteren Themen ist Snare letztlich eine Geschichte über Heilung. Am Ende steht nicht nur die Rettung vor der außerirdischen Gefahr, sondern auch ein emotionaler Befreiungsschlag: Kevin findet Frieden mit seiner Vergangenheit, Rose macht einen Schritt nach vorn, und der Doktor kann weiterziehen, wissend, dass er etwas Gutes bewirkt hat.
Diese hoffnungsvolle Note ist typisch für die Ära des Neunten Doktors. Sie erinnert an den Grundton der 2005er Staffel: Trotz aller Dunkelheit gibt es immer die Möglichkeit, weiterzumachen, zu wachsen, und sich selbst neu zu definieren.
Für den Hörer eröffnet Snare die Möglichkeit, über eigene Erfahrungen mit Verlust, Heimat und Veränderung nachzudenken. Die Geschichte spricht besonders Menschen an, die selbst schon einmal an den Ort ihrer Kindheit zurückgekehrt sind und feststellen mussten, dass sich alles verändert hat – und doch vieles gleich geblieben ist.
Dadurch wird Snare mehr als nur Unterhaltung: Es wird zu einem Spiegel für den Zuhörer, einem Ort, an dem man eigene Gefühle wiedererkennen kann.
Stilistische Mittel & Produktion
Die Produktion von Snare ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Big Finish es versteht, die vertraute Atmosphäre der 2005er-TV-Staffel einzufangen und gleichzeitig die Stärken des Audioformats auszuspielen. Helen Goldwyn als Regisseurin und die gesamte Sound- und Musikabteilung liefern eine Inszenierung, die sowohl akustisch dicht als auch emotional immersiv ist.
Helen Goldwyns Regie zeichnet sich durch ein sensibles Gespür für Tempo und Emotionalität aus. Snare ist keine reine Action-Geschichte, sondern eine Charakterstudie mit Mystery-Elementen – und das spiegelt sich in der Inszenierung wider.
Die Dialoge sind klar geführt, mit natürlichen Pausen und Momenten des Schweigens, die oft genauso aussagekräftig sind wie die Worte selbst. Goldwyn erlaubt den Figuren, zu atmen, sodass sich emotionale Szenen entwickeln können, ohne gehetzt zu wirken. Gerade in einem Hörspiel, wo der Zuhörer sich alles vorstellen muss, ist dieses „Verweilen“ wichtig, damit die innere Welt der Figuren nachvollziehbar wird.
Die Regie legt großen Wert darauf, dass die Stimmen glaubwürdig und „lebendig“ klingen. Es gibt eine spürbare Intimität zwischen den Charakteren – besonders in den Szenen zwischen Rose und Kevin –, die an Fernsehdramen erinnert. Gleichzeitig werden die unheimlichen Elemente nicht übermäßig inszeniert, sondern subtil eingeführt, was die Spannung langsam, aber effektiv aufbaut.
Das Sounddesign ist eines der Herzstücke von Snare. Das Powell Estate wird durch vertraute Klangbilder zum Leben erweckt:
- Hintergrundgeräusche von Nachbarn, klappernde Heizungen, entfernte Gespräche im Treppenhaus.
- Straßengeräusche wie Motoren, ferne Polizeisirenen, spielende Kinder auf dem Hof.
- Wohnungsgeräusche, die Intimität erzeugen: klapperndes Geschirr, das Knarzen von Türen, das Summen von Haushaltsgeräten.
All diese Elemente ergeben ein akustisches Panorama, das den Hörer mitten ins Estate versetzt. Es fühlt sich an, als stünde man selbst vor der Wohnungstür von Jackie Tyler.
Besonders gelungen sind die unheimlichen Sounds, die die außerirdische Präsenz andeuten. Es gibt ein unterschwelliges, organisches Knistern, feuchtes Tropfen und verzerrte Raumklänge, die das Gefühl vermitteln, dass sich die Realität selbst verbiegt. Diese Geräusche sind nie zu laut oder plump, sondern werden fein dosiert eingesetzt, um Spannung aufzubauen.
Die Rückkehr von Christopher Eccleston, Billie Piper und Camille Coduri ist ein Geschenk für Fans. Eccleston bringt die vertraute Mischung aus Humor, Zorn und tiefer Empathie mit, die den Neunten Doktor so einzigartig macht. Piper klingt wieder so lebendig wie in der TV-Serie, ihre Rose ist gleichermaßen stark, verletzlich und neugierig.
Camille Coduri liefert eine ihrer besten Darbietungen als Jackie Tyler. Sie schafft es, gleichzeitig bodenständig und herzlich zu sein, mit dem für sie typischen Mix aus mütterlicher Fürsorge, leichter Hysterie und trockenem Humor.
Besonders hervorzuheben ist Alex Austin als Kevin: Er trägt den emotionalen Kern der Geschichte mit einer sehr natürlichen, zurückhaltenden Performance. Man spürt seine Zerrissenheit, seine Trauer, seine unterdrückte Wut. Das macht seine Entwicklung bis zum Ende glaubwürdig und berührend.
Die Musik in Snare erinnert stark an die TV-Ära von Murray Gold, ohne sie direkt zu kopieren. Es gibt sanfte, melancholische Streicherpassagen, wenn es um Trauer und Verlust geht, und treibende Rhythmen, wenn sich die Bedrohung zuspitzt.
Bemerkenswert ist, dass die Musik nie aufdringlich wirkt. Sie untermalt die Emotionen, anstatt sie zu übertönen. Gerade in den stilleren Momenten ist sie eher ein kaum wahrnehmbarer Klangteppich, der dem Hörer signalisiert: Hier passiert etwas Bedeutendes.
Snare ist sorgfältig strukturiert:
- Erstes Drittel: Einführung der Figuren und der Schauplätze, langsamer Aufbau der Atmosphäre.
- Zweites Drittel: Zuspitzung der Konflikte, sowohl emotional als auch im Hinblick auf die Bedrohung.
- Letztes Drittel: Auflösung, Konfrontation, emotionale Katharsis.
Das Pacing ist bewusst nicht zu schnell. Manche Hörer empfinden es als langsam, doch gerade diese Langsamkeit ermöglicht es, die emotionalen Tiefen auszuloten. Die unheimlichen Szenen sind nicht Schockeffekte, sondern eher ein langsames Kriechen der Bedrohung, das immer dichter wird.
Ein weiterer Pluspunkt ist, wie geschickt Snare die Möglichkeiten des Hörspiels ausnutzt. Da es kein visuelles Element gibt, wird mit Soundbildern gearbeitet: Echoeffekte, Raumklang und verschiedene Layer von Geräuschen erzeugen Tiefe.
Wenn etwa die außerirdische Präsenz spürbar wird, verändert sich die Akustik subtil – Stimmen hallen leicht, als ob der Raum sich dehnt. Diese Effekte erzeugen beim Hörer ein Gefühl von Desorientierung, das perfekt zur Handlung passt.
Auch die Intimität von Dialogen wird durch die Klangmischung betont: Manchmal hört man das Atmen der Figuren, ein leises Rascheln von Kleidung – fast ASMR-haft. Das lässt einen näher an den Figuren sein als in mancher TV-Folge.
Ein wichtiger stilistischer Kniff ist der Kontrast zwischen Alltagsrealismus und Science-Fiction-Elementen. Die ersten Szenen könnten aus einem Sozialdrama stammen: Menschen, die über Mietverträge, alte Nachbarn und Kindheitserinnerungen sprechen. Dann bricht das Fremde ein – nicht mit einem lauten Knall, sondern schleichend.
Dieser Übergang verstärkt den unheimlichen Effekt, weil das Alltägliche plötzlich unsicher wird. Der Hörer wird gezwungen, seine eigene Vorstellung von „Zuhause“ infrage zu stellen.
Die technische Qualität von Snare ist makellos. Die Abmischung ist klar, Stimmen sind gut verständlich, auch bei Flüstern oder mehreren sprechenden Figuren. Geräusche überlagern nie die Dialoge, was bei komplexem Sounddesign nicht selbstverständlich ist.
Die Dynamik ist ausgewogen: Es gibt keine plötzlichen Lautstärkesprünge, die den Hörer aus der Immersion reißen würden. Die Mischung wirkt professionell, kinoreif, und beweist, dass Big Finish nach über 25 Jahren im Geschäft seine Handwerkskunst perfektioniert hat.

📱 Bluesky-Kanal
Updates, Neuerscheinungen und exklusive Hörspiel-Tipps – direkt auf Bluesky. Kurz, präzise und ohne Umwege auf deinem Feed.
Jetzt dem Bluesky-Kanal folgenStärken
Snare überzeugt auf vielen Ebenen und zeigt, warum Big Finish so erfolgreich darin ist, bekannte Figuren aus dem Doctor-Who-Kosmos in neue, spannende Geschichten zu führen. Das Hörspiel nutzt seine Stärken als Audio-Drama voll aus und bietet sowohl für langjährige Fans als auch für Neueinsteiger einiges an Mehrwert.
Einer der größten Pluspunkte ist die akustische Rückkehr zum Powell Estate. Die Geräuschkulisse, die Gespräche der Nachbarn, das vertraute Setting – all das ruft sofort Erinnerungen an die erste Staffel der New-Who-Ära hervor. Fans, die 2005 mit dem Neunten Doktor gestartet sind, fühlen sich sofort „zu Hause“.
Das Estate ist nicht nur eine Kulisse, sondern ein aktiver Teil der Handlung. Es wirkt fast wie ein Charakter für sich, in dem sich die Emotionen der Figuren widerspiegeln: enge Flure, vertraute Türen, Stimmen, die durch das Treppenhaus hallen. Dieser Realismus gibt der Geschichte eine Bodenhaftung, die für die emotionale Wirkung entscheidend ist.
Snare nimmt sich Zeit für seine Figuren. Kevin ist nicht einfach eine Nebenfigur, sondern eine komplexe Persönlichkeit mit eigenem Schmerz, eigener Vergangenheit und eigener Entwicklung. Seine Trauer, seine Wut und seine vorsichtige Annäherung an Rose sind glaubwürdig und berührend.
Rose wiederum wird nicht auf die „typische Companion-Rolle“ reduziert. Sie darf verletzlich sein, zornig, nostalgisch – und sie wächst über den Verlauf der Geschichte. Besonders gelungen ist, dass Snare Roses Handlungsbogen aus Father’s Day weiterführt, ohne ihn zu wiederholen.
Der Doktor ist hier weniger der actiongeladene Held, sondern eine Art Vermittler, Mentor und Zuhörer. Das verleiht ihm eine Tiefe, die an die besten Momente der TV-Serie erinnert, in denen Eccleston die Menschlichkeit des Doktors betont.
Die Themen Trauer, Verlust und Identität sind universell. Snare trifft einen Nerv, weil es nicht nur um eine außerirdische Bedrohung geht, sondern auch um innere Konflikte. Viele Hörer können sich in Kevins Situation wiederfinden: die Rückkehr an einen Ort voller Erinnerungen, die Konfrontation mit einem verstorbenen Elternteil und das Gefühl, in alten Mustern gefangen zu sein.
Diese emotionale Tiefe macht das Hörspiel auch beim zweiten oder dritten Hören interessant, weil man immer wieder neue Nuancen entdeckt – sei es in den Dialogen, in kleinen Hintergrundgeräuschen oder in der Musikuntermalung.
Das außerirdische Element ist spannend, ohne auf plumpe Schockeffekte zu setzen. Statt eines klassischen Monsters gibt es eine unheimliche Präsenz, die sich langsam bemerkbar macht – mit Geräuschen, veränderten Räumen, seltsamen Phänomenen.
Diese Subtilität macht das Hörspiel atmosphärisch dicht. Es erinnert eher an eine Gruselgeschichte als an eine Action-Episode, was perfekt zur introspektiven Thematik passt.
Die Chemie zwischen Christopher Eccleston, Billie Piper und Camille Coduri ist spürbar. Eccleston liefert erneut eine Performance, die sowohl Humor als auch Verletzlichkeit zeigt. Piper klingt frisch und emotional aufgeladen, was Roses inneren Konflikt glaubwürdig macht.
Besonders Alex Austin als Kevin verdient Lob: Er trägt einen großen Teil der emotionalen Last der Geschichte und schafft es, den Hörer von Anfang an in seine Welt hineinzuziehen. Seine Darstellung macht Kevin zu einem Charakter, den man nicht so schnell vergisst.
Das Hörspiel hat ein sehr ausgewogenes Tempo: Der langsame Einstieg erlaubt es, die Figuren kennenzulernen und ihre Konflikte zu verstehen. Dann zieht die Spannung langsam, aber stetig an, bis sie in einem intensiven Höhepunkt gipfelt.
Diese Struktur macht die Geschichte emotional befriedigend. Es gibt genug Zeit, um Atmosphäre aufzubauen, aber auch genug Dringlichkeit, damit der Spannungsbogen nicht abflacht.
Snare ist ein Geschenk für Fans, die den Neunten Doktor lieben, bietet aber gleichzeitig etwas Neues. Die Rückkehr ins Powell Estate fühlt sich nostalgisch an, aber die Story ist frisch, modern und relevant. Tim Foley vermeidet billige Fan-Service-Momente und erzählt eine Geschichte, die auch für Hörer funktioniert, die die TV-Folgen nicht mehr präsent haben.
Von der klaren Abmischung bis zur Musikuntermalung ist Snare technisch auf höchstem Niveau. Geräusche, Dialoge und Musik sind perfekt ausbalanciert. Die Soundeffekte schaffen ein glaubwürdiges Raumgefühl, das die Immersion verstärkt.
Die Musik fügt sich nahtlos in die Szenen ein und sorgt dafür, dass die emotionalen Momente noch stärker wirken, ohne den Hörer zu überfordern.
Die Regie erlaubt den Figuren, emotional zu „atmen“. Manche Szenen fühlen sich fast wie Kammerspiel-Theater an – intensiv, konzentriert, dialoglastig. Das passt perfekt zur introspektiven Natur der Geschichte und hebt sie von vielen anderen actionorientierten Hörspielen ab.
Schwächen & Kritikpunkte
So stark Snare auch ist, es gibt einige Aspekte, die man kritisch anmerken kann. Diese Schwächen mindern nicht den Gesamteindruck gravierend, zeigen aber, wo die Produktion noch mehr hätte herausholen können.
Die größte Kritik vieler Hörer betrifft das Pacing. Snare nimmt sich bewusst Zeit, um Atmosphäre aufzubauen – was für Charakterentwicklung großartig ist –, doch für einige kann es sich stellenweise langatmig anfühlen.
Gerade im Mittelteil, bevor die außerirdische Bedrohung vollständig greifbar wird, gibt es mehrere Szenen, die sehr dialoglastig sind und eher wie ein Sozialdrama wirken. Fans, die auf klassische Science-Fiction-Action hoffen, könnten hier ungeduldig werden. Ein etwas strafferer Schnitt oder das frühere Einführen spürbarer Bedrohung hätte für ein dynamischeres Hörerlebnis sorgen können.
Die Figur Marlene hat großes Potenzial: Sie bringt eine Außenseiterperspektive, eine gewisse intellektuelle Reibung, die spannende Konflikte mit Kevin und Rose ermöglicht. Leider wird sie nach dem ersten Drittel der Handlung etwas in den Hintergrund gedrängt und hat wenig Einfluss auf die Auflösung der Geschichte.
Man hätte ihre Rolle nutzen können, um Themen wie Klassenzugehörigkeit, Außenseitertum oder Kevins inneren Zwiespalt noch stärker herauszuarbeiten. So wirkt sie stellenweise wie ein dramaturgisches Werkzeug, um Kevins Konflikte anzuschieben, verschwindet aber dann ohne nennenswerten Payoff.
Das außerirdische „Snare“ ist mehr Konzept als Figur. Das ist thematisch stimmig, da die Bedrohung symbolisch für Kevins emotionale Falle steht – doch dramaturgisch führt es dazu, dass es keinen greifbaren Gegenspieler gibt.
Doctor-Who-Fans, die sich an klassischen „Monster of the Week“-Folgen orientieren, könnten dies als antiklimaktisch empfinden. Es fehlt ein Moment, in dem der Doktor eine große Rede hält oder einen konkreten Gegner überlistet. Die Auflösung ist eher psychologisch als heroisch – was mutig ist, aber nicht jedermanns Geschmack.
In manchen Momenten hat man das Gefühl, dass die Geschichte ursprünglich für ein visuelles Medium konzipiert wurde. Beispielsweise Szenen, in denen Räume sich verändern oder organische Strukturen wachsen – das ist schwer allein durch Geräusche und Dialoge zu vermitteln.
Die Sounddesigner geben ihr Bestes, doch gelegentlich muss der Dialog erklären, was gerade passiert („Es bewegt sich!“, „Die Wände atmen!“), was die Immersion leicht brechen kann. Eine noch kreativere akustische Umsetzung oder ein stärkerer Einsatz von narrativen Beschreibungen hätte diese Szenen greifbarer machen können.
Da Snare stark auf Trauer, Verlust und familiäre Konflikte fokussiert, kann es für manche Hörer emotional belastend wirken. Wer selbst gerade mit ähnlichen Themen konfrontiert ist, könnte das Hörspiel als zu melancholisch empfinden.
Auch die fehlende humorvolle Auflockerung – die es in einigen TV-Episoden mit dem Neunten Doktor häufiger gab – könnte den Eindruck verstärken, dass diese Folge „schwerer“ wirkt als andere.
Obwohl die Auflösung emotional stark ist, fühlt sich das Ende für manche Hörer etwas schnell an. Nach dem langsamen, sorgfältigen Aufbau hätte man sich für den Showdown vielleicht mehr Zeit gewünscht, um die Konsequenzen der Ereignisse ausführlicher darzustellen.
Das „emotionale Loslassen“ geschieht sehr komprimiert, was den Eindruck erweckt, als müsse die Geschichte noch in der vorgegebenen Spielzeit fertig werden. Ein paar zusätzliche Minuten hätten Raum gegeben, die Katharsis noch stärker wirken zu lassen.
Während Snare als eigenständige Charaktergeschichte hervorragend funktioniert, gibt es wenig Bezug zu größeren übergeordneten Storylines der Ninth-Doctor-Adventures oder der TV-Serie. Wer gehofft hat, Hinweise auf den Zeitkrieg, die Bad-Wolf-Arc oder andere übergreifende Elemente zu finden, wird enttäuscht sein.
Dies kann einerseits als Stärke gesehen werden (weil es zugänglich ist), andererseits als verpasste Chance, die Geschichte stärker in den Kanon einzubinden.
Einordnung & Bedeutung
Snare ist mehr als nur der Auftakt einer neuen Staffel: Es markiert einen Wendepunkt für den Neunten Doktor & Rose-Erzählstrang bei Big Finish. Hier sind ein paar Aspekte, warum Snare wichtig ist:
- Zeitlicher Kontext: Weil es direkt nach Father’s Day spielt, ist die emotionale Belastung bei Rose noch frisch. Die Geschichte greift unmittelbar an, was in der TV-Serie begonnen wurde, und baut weiter dran. Es ist nicht eine Geschichte irgendwann danach, sondern eine, die anschlussfähig ist und die Lücke füllt.
- Brücke zwischen TV & Audio: Fans der TV-Serie bekommen hier viel, was vertraut ist – Setting, Dynamiken, Ton. Gleichzeitig nutzt das Medium Audio, um Dinge zu tun, die visuell schwer umzusetzen sind: innere Monologe, subtile Geräusche, Atmosphäre etc. Das gibt Snare Freiraum, den Charakteren und Themen mehr Raum zu geben.
- Setzt Ton & Erwartungen für kommende Geschichten: Weil es der Auftakt ist, legt Snare fest, worauf sich Hörer in dieser neuen Staffel einstellen können: nicht nur Abenteuer, sondern emotionale Geschichten, starke Charakterentwicklung, Mystery im Alltag, Verbindung zur Vergangenheit. Wer danach zuhört, weiß, dass nicht jede Geschichte epische Weltraumkonflikte sein wird, sondern auch solche, die Menschen, Gefühle und Erinnerungen ins Zentrum stellen.

🔞 Hörspiele für Erwachsene
Atmosphärisch, düster, fesselnd – hier findest du packende Hörspiele speziell für erwachsene Hörerinnen und Hörer.
Nichts für schwache Nerven!Persönliche Einschätzung
Für Fans des Neunten Doktors ist Snare eine willkommene Rückkehr. Es gelingt, nicht nur nostalgisch zu sein, sondern auch inhaltlich und emotional relevant. Ich finde besonders stark, wie Rose & Kevin parallel behandelt werden – ihre Verluste, ihre Ängste sind verschieden, aber sie spiegeln sich, und das macht beide Figuren stärker.
Ich persönlich schätze, dass Snare nicht versucht, alles auf einmal zu sein — auch wenn die Idee einer außerirdischen Bedrohung da ist, bleibt der Fokus auf Menschen. Und das macht die Geschichte berührend. Es gibt Momente, wo man wirklich fühlt, wie es ist, mit Verlust zu leben, mit Schuld, mit Erinnerungen, die man nicht loswerden kann.
Manche Szenen hätten für mich noch eindrücklicher gestaltet sein können — besonders gegen Ende hätte ich mir noch ein wenig mehr Spannung oder ein stärkeres Bild gewünscht. Aber das sind Kleinigkeiten in einer ansonsten sehr gelungenen Folge.
Fazit
Doctor Who – Snare ist ein starker Einstieg in die neue Staffel der Ninth Doctor Adventures. Es bietet:
- vertraute Charaktere in neuen Kraftfeldern,
- Themen, die über reine Abenteuer hinausgehen,
- eine gelungene Mischung aus Mystery, Emotion und Science Fiction,
- und eine genug große Nähe zur Originalserie, dass Fans sich heimisch fühlen können.
Wer Gefallen hat an den ruhigeren, charakterorientierten Folgen von Doctor Who, besonders aus der ersten Staffel, wird Snare lieben. Wer mehr Action oder große Scince-Fiction-Settings erwartet, könnte an manchen Stellen etwas unbefriedigt sein — aber auch diese Erwartungen werden zumindest teilweise erfüllt.
Doctor Who: The Ninth Doctor Adventures – Snare
* Affiliate-Link: Wenn du über diesen Link einkaufst, erhalten wir eine kleine Provision. Für dich ändert sich nichts am Preis.
- Label / Verlag: Big Finish Productions
- Veröffentlicht:
- Genre: Science-Fiction
- Herkunft: Großbritannien
Produktion
- Cover Art: Soundsmyth Creative
- Regie: Helen Goldwyn
- Executive Producer: Jason Haigh-Ellery, Nicholas Briggs
- Musik: Howard Carter
- Produktion: Matt Fitton
- Script Editor: Matt Fitton
- Sounddesign: Iain Meadows
- Buch: Tim Foley
- Senior Producer: John Ainsworth
Sprecher
- The Doctor – Christopher Eccleston
- Rose Tyler – Billie Piper
- Kevin – Alex Austin
- Marlene – Hannah Brown
- Jackie Tyler – Camille Coduri
