Hellboy – A Plague of Wasps

Hellboy im Dschungel – Horror, Herz und Horn

A Plague of Wasps ist ein eigenständiges, eigens für GraphicAudio geschriebenes Hellboy-Hörspiel – keine simple Vertonung eines existierenden Comics, sondern eine Original-Geschichte als Dramatized Adaptation. Der Ansatz ist typisch für GraphicAudio: Ensemble-Sprecher, dichte Geräuschkulisse, filmische Musik – kurz: ein Movie in your mind. Veröffentlicht wurde der Titel am 11. Juli 2023, die Spielzeit liegt bei rund sechs Stunden, und die Geschichte ist in der Hellboy in Love-Phase verortet, also in jener Zeit, in der Hellboy mit der Archäologin Anastasia Bransfield eine Beziehung führt. Geschrieben wurde die Story von Christopher Golden; Scott McCormick hat adaptiert und führt Regie, spricht zudem Hellboy selbst. Als Erzählerin fungiert Jasmine Hyde (Anastasia). Diese Produktionsdaten sind nicht schmückendes Beiwerk – sie erklären, warum das Hörspiel tonal zwischen Romantik-Chemie, Expedition und kompromisslosem Body-Horror pendeln kann, ohne je die typische Hellboy-Note zu verlieren.

Mignolaverse zum Hören

A Plague of Wasps gehört im GraphicAudio-Kanon zu einer losen Trilogie, die in der Reihenfolge A Plague of Wasps → Lobster Johnson: The Proteus Club → Hellboy and the B.P.R.D.: The Goddess of Manhattan rezipiert werden kann. Inhaltlich knüpft A Plague of Wasps an Hellboy in Love an (ohne eine direkte Panel-für-Panel-Fortsetzung zu sein), emotional jedoch deutlich: Die Beziehung Hellboy–Anastasia ist dramaturgischer Motor, nicht nur hübsches Hintergrundrauschen. Wer die weiteren Teile hören will, findet auf der GraphicAudio-Hellboy-Seite die Reihenübersicht; Goddess of Manhattan wird dort explizit als Abschluss des Dreierbogens geführt.

Ausgangslage und Tonfall

Schauplatz ist Brasilien, genauer: eine archäologische Expedition im Dschungel – jenes Terrain, in dem Hellboy‐Geschichten gern ethnografische, mythische und kolonialhistorische Untertöne aufnehmen. Hellboy begleitet Anastasia Bransfield, die ihren Kollegen bei einem Grabungsprojekt helfen will. Die vermeintlich akademische Reise kippt jedoch abrupt, als ein Kollege krank und entstellt durch einen Platz taumelt, zu Boden geht – und aus seinem Mund… Wespen kriechen. Kurz darauf bersten Körperpartien, papieren-graue, labyrinthartige Nester werden sichtbar – ein Bild des ungeschönten Body-Horrors, das klarstellt: Hier wuchert etwas Übernatürliches in einem biologischen Wirtssystem. Das Hörspiel entfaltet von Beginn an jene Hellboy-Balance aus lakonischem Humor, Monsterjagd und Melancholie – nur dass sich der Schrecken diesmal in den Körper der Figuren hineinfrisst.

Figuren und Dynamik

Hellboy ist als Figur seit jeher zweigleisig angelegt: der abgebrühte Ermittler für Paranormales, der sich in jeden Abgrund werfen lässt – und der leise, warmherzige Begleiter, der seine Menschlichkeit gerade in Grenzsituationen zeigt. Scott McCormick legt ihn stimmlich robust, trocken und mit jenem knorrigen Understatement an, das Mike Mignolas Schöpfung ausmacht. Anastasia Bransfield – gesprochen und erzählt von Jasmine Hyde – ist mehr als love interest. Als Archäologin besitzt sie Handlungsmacht, Fachwissen und moralische Reibungspunkte: Was bedeutet Forschen im Angesicht lebendiger, wütender Mythen? Wie weit darf Wissenschaft gehen, wenn Fundstücke nicht tot, sondern hungrig sind? Die Nebenfiguren setzen Farbtupfer: Inspector Barbosa, Sofia Balerio, Tim Crowther, Ian Williams, Eckhart – ein Ensemble, das die Spannweite von lokaler Behörde über Grabungsteam bis zum intellektuellen Widerpart abdeckt. Diese Namen sind nicht nur Staffage: Sie verzahnen Perspektiven (Behördenblick, Grabungspraxis, urbane Angst), sodass das Hörspiel nicht als reine Zweiernummer Hellboy–Anastasia verengt.

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Handlung – Struktur und Spannungsführung

Die erste Akt-Phase funktioniert als Schock-Exposition: Anastasias Kollegenkreis, das Kaffeeszenario, der Einbruch des Übernatürlichen durch den verendenden Körper. Der Wespen-Befall ist nicht bloß Monster-of-the-Week, sondern Symptom eines größeren, rituell-mythischen Gefüges. Die Ermittlungslogik verläuft doppelgleisig: forensisch (Was war der Kontaktweg? Welche Substanzen, welche Spuren?) und mythologisch (Welche lokale Erzählung, welcher Geist, welche Gottheit steht hinter dem Phänomen?). Hellboy nimmt – typisch – den harten Part, Anastasia liefert Quellenkritik, Kontext, Deutungsangebote. In der zweiten Akt-Hälfte weitet sich das Geschehen: Der Befall zeigt Muster, die auf Organisation hindeuten. Der Schwarm ist nicht chaotisch – er ist absichtsvoll.

Das Finaldrittel eskaliert mit einem klaren Doppelziel: 1) Eindämmung (die Wespenplage darf nicht in eine größere Bevölkerungsdichte überschwappen) und 2) Trennung von Wirt und Ursprung (Zerstörung der Quelle). Dass Hellboy als physische Kraft und Anastasia als intellektuelle Navigatorin aufeinander angewiesen sind, spiegelt die emotionale Achse. Ohne hier die letzten Wendungen zu verraten: Der Showdown inszeniert mehr als eine Keilerei; er stellt Wahlentscheidungen über Verantwortung, Opfer und Wissen ins Zentrum – und lässt Raum für den narrativen Nachhall hin zu späteren Abenteuern, die GraphicAudio im gleichen Kosmos angesiedelt hat.

Themen & Motive: Body-Horror, Kolonialität, Beziehungsethik

A Plague of Wasps verhandelt Body-Horror, Kolonialität und Beziehungsethik nicht als addierte Motive, sondern als zusammenhängende Spannungsfelder, die einander wechselseitig zuspitzen. Der Body-Horror ist dabei die unmittelbarste Ebene: Er zeigt den menschlichen Körper als durchlässiges System, als Nest, als Ressource für eine fremde Ordnung. Das ist mehr als Ekelästhetik. In dem Moment, in dem der Körper zum Träger eines Schwarmwillens wird, kippt das Selbstverständnis der Figuren: Identität erscheint porös, Handlungsfreiheit fragil, jede Bewegung potenziell kontrolliert von etwas, das man nicht sieht, nur hört. Diese Unterwanderung erzeugt nicht nur Schockmomente, sie begründet eine ethische Frage: Was bleibt vom Menschen, wenn sein Körper zur Infrastruktur eines Anderen wird? Das Hörspiel antwortet nicht mit Metaphysik, sondern mit situativer Moral: retten, begrenzen, trennen – und doch aushalten, dass nicht alles zu retten ist.

Damit berührt die Geschichte zwangsläufig das Thema Kolonialität. Archäologie im Dschungel ist hier nicht romantische Schatzsuche, sondern ein Feld der Ambivalenzen. Die Grabung bringt Wissen, aber sie berührt Räume, die nicht darauf warten, katalogisiert zu werden. A Plague of Wasps verknüpft den biologischen Befall mit einer Kulturgeschichte der Aneignung: Wer Artefakte als Objekte behandelt, übergeht die Möglichkeit, dass ihnen eine Gegenrede innewohnt – ein Anspruch, eine Erinnerung, vielleicht sogar ein Recht. Die Wespen wirken wie die akustische Replik auf jahrzehntelange Extraktion: ein Summen, das sagt, dass der Ort sich wehrt. Das Hörspiel argumentiert dabei nicht didaktisch, sondern dramatisch. Es zeigt Entscheidungsdruck statt These, und es lässt durchblicken, dass moderne Raster – Polizei, Universität, Sammlerlogik – immer wieder an Grenzen stoßen, wenn die Dinge, die sie ordnen wollen, sich als lebendig, verletzt und verletzend erweisen.

Zwischen diesen beiden Polen – der Verletzbarkeit des Körpers und der Geschichte des Raums – bildet die Beziehungsethik von Hellboy und Anastasia den menschlichen Resonanzraum. Sie verhandeln Vertrauen nicht in Abstraktion, sondern unter realer Gefahr: Er schützt, ohne zu bevormunden; sie forscht, ohne zu verhärten. Das Hörspiel lässt die beiden um Prioritäten ringen: Was wiegt in der Stunde der Entscheidung schwerer – die Pflicht, Wissen zu bewahren, oder die Pflicht, Leben zu schützen? Ihre Nähe stiftet nicht nur Trost, sie verschärft die Verantwortung: Jede falsche Bewegung bedroht nicht irgendeinen Kollegen, sondern den Menschen, der einem am nächsten steht. So wird die Beziehungsethik zur Praxisprüfung: Ehrlichkeit in der Risikoabwägung, Respekt vor Kompetenz, und die Bereitschaft, in kritischen Momenten den eigenen Standpunkt zu relativieren. Gerade weil der Body-Horror die Autonomie unterminiert und die koloniale Vergangenheit die Gegenwart beschwert, gewinnt die Art, wie beide miteinander umgehen, an Gewicht. Am Ende ist es diese Triangulation – verletzliche Körper, widerspenstiger Ort, belastbare Partnerschaft –, die dem Stück seine Reibung gibt: Angst, die nicht zynisch macht; Verantwortung, die nicht belehrt; Liebe, die nicht beschönigt, sondern handlungsfähig hält.

Erzählhaltung und Pacing

A Plague of Wasps gönnt sich ruhige, schnaufende Passagen – Gespräche, Nachforschungen, das Sondieren von Schauplätzen – und plötzliche, brutale Zacken: Attacken, Autopsie-Momente, Hitzestau im Dschungel, das Summen der Schwärme knapp am Ohr. Dieses Atemholen-und-Zupacken funktioniert, weil die akustische Regie Räume baut: ein Marktplatz, der kippt; ein Grabungsareal, das klingt, als läge Feuchtigkeit in jeder Faser; Hotelzimmer, in denen Dialoge Sicherheit versprechen, bis Geräusche die Illusion zerreißen. Die ca. 6 Stunden Laufzeit erlauben, dass Motive wiederkehren und sich verdichten, statt nur stumpf nach vorn zu sprinten.

Sounddesign, Musik und Stimmregie

GraphicAudio liefert, wofür das Label steht: Ensemble-Spiel, immersive Geräusche, cinematische Musik. Türen haben Gewicht, Klingen besitzen Metall, Regen fühlt sich nass an. Besonders markant ist die Klangarchitektur der Wespen: mal fernes Flirren, mal gellendes Dröhnen, mal ein körpernahes Kribbeln, das sich im Kopfhörer wie ein reales Krabbeln anfühlt. Scott McCormick hält die Stimmregie eng zusammen: Hellboys lakonischer Bass, Anastasias konzentrierte Wärme, dazu lokale Stimmen und Team-Nuancen, die die Szene nicht exotisieren, sondern differenzieren. In den Credits sind u. a. Jasmine Hyde (Anastasia), Scott McCormick (Hellboy), Stewart Crank (Tim Crowther), Carolla Parmejano (Sofia Balerio), Sebastian Zancanaro (Inspector Barbosa), Peter Holdway (Eckhart), Kay Eluvian (Ian Williams) sowie Bia Borin, Vinicius Faria Zinn, Stephanie Németh-Parker, Eric Messner genannt. Sounddesign und Dialogschnitt verantworten Justin Wortz und David Ryeczek – wichtig, weil genau diese Präzision entscheidet, ob ein Schwarm ankommt wie weißes Rauschen oder wie eine Bedrohung mit Intention.

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Dramaturgie: Ermittlungsplot mit Ritualkern

Golden und McCormick strukturieren die Geschichte zwischen Polizei-Prozedur, Feldforschung und Okkultismus. Der Fall lässt sich zunächst kausal beschreiben (Ansteckung, Symptomatik, Cluster), kippt dann aber in Ritual-Logik: nicht Ursache–Wirkung, sondern Schuld–Sühne, Anspruch–Antwort. Hellboy ist hier das Werkzeug, das beide Sprachen spricht: Er versteht die forensische Notwendigkeit der Eindämmung, weiß aber, dass man Geister nicht verhaftet, sondern adressiert. Die Set-Pieces – Markt, Grabungsstelle, Innenräume, ein Übergangsraum an der Schwelle von Natur und Nest – sind rhythmisch so gesetzt, dass Spannung und Information alternieren.

Horrorhandwerk: Wie Wespen Angst erzeugen

Der Schrecken funktioniert hier weniger über einzelne Boo-Momente als über eine präzise komponierte Kette von Sinneseindrücken, die das Gehirn auf Gefahr kalibrieren. Am Anfang steht das Summen: ein feines, fast elektrisches Sirren, das in der Mischung wie ein Fremdkörper im Ohr liegt. Weil dieses Geräusch in der Natur oft eine Warnung markiert, reagiert man instinktiv – Puls rauf, Aufmerksamkeit scharf. Das Hörspiel spielt damit, indem es Frequenz, Lautstärke und Entfernung variiert: mal fern wie Wetter, mal so nah, als säße etwas am Gehörgang. Dieses psychoakustische Nadelkissen erzeugt Dauerstress, noch bevor etwas explizit passiert. Der zweite Hebel ist Schwarmintelligenz. Die Wespen verhalten sich nicht wie zufällige Tiere, sondern wie ein System mit Plan. Rhythmische Wellen, koordinierte Anflüge, ein spürbarer Takt im Angriff – das gibt dem Unheil eine Persönlichkeit. Angst entsteht nicht aus Chaos, sondern aus Ordnung: Wenn das Summen plötzlich synchron pulsiert, versteht man intuitiv, dass hier ein Willen agiert.

Dazu kommt der Body-Horror als viszeraler Anker. Das Hörspiel lässt lange nur ahnen, was im Inneren geschieht: gedämpfte Reibgeräusche, feuchtes Rascheln, ein leises Kratzen unter der Haut. Diese Andeutung vor der Enthüllung ist entscheidend – das Kopfkino füllt Lücken grausamer, als jede Beschreibung es könnte. Erst wenn der Moment der Entäußerung kommt, wirkt er nicht wie plötzlicher Schock, sondern wie die logische Konsequenz dessen, was man bereits gehört hat. Zwischen diesen Spitzen baut die Regie Räume, die die räumliche Nähe der Gefahr fühlbar machen: ein enger Korridor, der das Summen komprimiert; ein offener Platz, auf dem es kreist und nie greifbar wird; Innenräume, in denen das Geräusch über Lüftungsschächte oder Ritzen einwandert. Dieses Mikro-Worldbuilding im Klang sorgt dafür, dass Angst nicht nur als Ekel, sondern als Belagerungsgefühl wahrgenommen wird – man ist nie sicher, wo der nächste Stich herkommt.

Schließlich verknüpft die Inszenierung das Insektische mit Kontaminationsangst: jede Berührung potenziell riskant, jeder Atemzug vielleicht schon ein Fehler. Dialoge brechen, weil Figuren auf Laute horchen; Entscheidungen verzögern sich, weil das Summen antwortet. So entsteht eine dramaturgische Geiselhaft: Selbst in ruhigen Szenen bleibt das System aktiv und zwingt die Figuren, leiser zu sprechen, kürzere Wege zu nehmen, Licht zu meiden. Horror wird hier nicht als Spitzenwert in Dezibel gemessen, sondern als dauerhafte Veränderung des Verhaltens. Genau das macht die Wespen so effektiv: Sie sind nicht nur Gegner, sie sind ein akustisches Regime, das den Raum, die Zeit und die Körper aller Anwesenden umschreibt.

Beziehung Hellboy–Anastasia: Chemie als Anker

Die Beziehung ist erzählerischer Gewinn: Sie erdet das Übernatürliche. Wenn Anastasia ein Risiko eingeht, ist das nicht Plotbequemlichkeit, sondern Forscherethos – und wenn Hellboy bremst oder bäumt, dann aus Fürsorge wie aus Erfahrung. Ihre Dialoge arbeiten ohne Kitsch: trockene Kommentare, kleine Sticheleien, unverstellte Sorge. Dadurch wird jede Gefährdung emotional doppelt aufgeladen – die Gefahr für die Welt und die Gefahr, den anderen zu verlieren.

Lokalkolorit und Ethik

Brasilien ist nicht Kulisse zum Abhaken. Die Geschichte bemüht sich, lokale Stimmen einzubinden (z. B. über Barbosa und Sofia Balerio) und Heiligtümer nicht als Loot zu behandeln. Natürlich bleibt es ein Hellboy-Abenteuer – eine westlich erzählte Serie über globale Mythen – doch A Plague of Wasps reflektiert die problematischen historischen Muster von Ausgraben, Aneignen, Ausstellen angemessen. Dass Anastasia als Archäologin im Zentrum steht, verschiebt die Gewichte von vornherein.

Anschlussfähigkeit im Mignolaverse

Wer im Mignolaverse zuhause ist, spürt die DNA: die trockene Lakonie, das Pathos, die Traurigkeit uralter Mächte. Gleichzeitig setzt das Hörspiel eigene Akzente, gerade als Original-Audio: Manche Horrorbilder funktionieren ohne Panel sogar besser, weil der Kopf die Lücken füllt. Für Komplettisten ist spannend, dass GraphicAudio die Geschichten sichtbar kuratiert und als Serie bündelt – inklusive des späteren Abschlusses The Goddess of Manhattan.

Warum die Adaption trägt

Ein Dramatized-Audio steht und fällt mit Schnitt, Layering und Mix. Hier passt vieles: Räumliche Staffelung (wo sprechen die Figuren im Verhältnis zueinander?), Geräuschtransparenz (Wespen ohne Matsch), Musikdramaturgie (Themen kehren wieder, ohne zu nerven). Dass McCormick Regie und Hauptfigur stemmt, ist riskant – hier aber ein Vorteil: Die Figurenführung und die Makro-Dramaturgie scheinen aus einer Hand zu kommen. Die Kreditierung der Dialogue Editors (Justin Wortz, David Ryeczek) und Sound Designers (ebenfalls Wortz, Ryeczek) ist mehr als Formalie: Genau diese Positionen machen den Unterschied zwischen lauter Effekte und erzählerischer Klangarbeit.

Mögliche Kritikpunkte

Trotz vieler Stärken hat Hellboy: A Plague of Wasps ein paar Punkte, die je nach Hörgewohnheit bremsen können. Der frühe, sehr direkte Body-Horror setzt die Tonlage kompromisslos und könnte Hörer abschrecken, die eher auf klassisch-okkulten Grusel als auf viszerale Schocks aus sind. Im Mittelteil dehnt die Ermittlungsstruktur einige Stationen minimal zu weit, weil Hinweise und Ortswechsel in ähnlichem Muster wiederkehren; das erzeugt Atmosphäre, kostet aber etwas Tempo. Die mythologische Grundlage bleibt bewusst skizziert statt ausführlich erklärt. Das passt zur Hellboy-Tradition, lässt aber bei Lore-Fans den Wunsch nach klareren Namen, Herleitungen und Regeln offen. Hin und wieder überdeckt die dichte Geräuschkulisse feine Dialognuancen, vor allem in Szenen mit starkem Schwarm-Ambiente; mit Kopfhörer funktioniert das meist hervorragend, auf lauteren Anlagen gehen Nuancen bisweilen unter. Wer eine deutschsprachige Fassung erwartet, wird ebenfalls nicht fündig: Die Produktion liegt nur auf Englisch vor, was die Zielgruppe einschränkt. Schließlich trägt die Erzählung spürbar die Handschrift einer Audio-Originalstory, die sich Freiheiten gegenüber den Comics nimmt; für Puristen, die eine engere Verzahnung mit bekannten Panels oder eine exaktere zeitliche Verortung im Mignolaverse wünschen, bleibt ein Rest Unschärfe. Nichts davon bricht das Erlebnis, doch je nach Erwartung verschieben diese Aspekte die Balance zwischen Immersion, Verständlichkeit und Tempo.

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Stärken

Die größte Stärke ist die Symbiose aus Beziehungsdrama und akustisch präzisem Horror: Hellboy und Anastasia verankern die Emotionen, während Wespen-Geräusche und Körperbilder die Nerven attackieren. Dazu kommen präzise Rollenarbeit (Hyde, McCormick und Ensemble), Musik, die trägt statt drückt, und eine Inszenierung, die den Dschungel nicht nur beschreibt, sondern hörbar macht. Dass die Geschichte original ist – also nicht nur Panel-Echo –, gibt ihr Eigengewicht im Kanon.

Für wen eignet sich A Plague of Wasps?

Für Hellboy-Fans, die Lust auf neues Material jenseits der Comics haben; für Hörer, die Horror als Atmosphäre und Körpererfahrung schätzen; für alle, die Dramatized Audio lieben, in dem Geräusch-Layering nicht Effekt-Show, sondern Erzählinstrument ist. Die Altersfreigabe 15+ ist sinnvoll – nicht wegen grober Splatter-Pornografie, sondern wegen Intensität und Bildhaftigkeit.

Summen im Schädel, Herz am rechten Fleck

Hellboy: A Plague of Wasps ist genau die Sorte Original-Audio, die man dem Mignolaverse wünscht: eigenständig, fokussiert, klanglich mutig. Die Wespen-Ikonografie ist mehr als Ekeltrick; sie transportiert ein Programm: Fremdheit in uns, der Körper als Kolonie. In dieser Perspektive liegt der Horror – und die Ethikfrage. Gleichzeitig ist das Stück nahbar, weil es Hellboy und Anastasia als menschliches Zentrum feiert. Die Inszenierung – sorgfältiger Schnitt, sauberes Sounddesign, tragfähige Musik – macht die sechs Stunden zu einer akustischen Expedition, die Schock und Stille, Nähe und Weite klug mischt.

Wer in die neueren GraphicAudio-Titel rund um Hellboy einsteigen will, findet hier einen perfekten Auftakt, der Lust auf die folgenden Produktionen (Lobster Johnson: The Proteus Club, Hellboy and the B.P.R.D.: The Goddess of Manhattan) macht und gleichzeitig als in sich befriedigende Horror-Erzählung funktioniert. Empfehlung für Hörer, die bei Hellboy nicht nur Fäuste, sondern auch Gefühl und Gewissen hören wollen – und die bereit sind, sich vom Summen eines Schwarms in den Kopf setzen zu lassen.

Hellboy – A Plague of Wasps

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Produktion

  • Regie: Scott McCormick
  • Buchadaption (für GraphicAudio): Scott McCormick
  • Dialogschnitt: Justin Wortz und David Ryeczek
  • Sounddesign: Justin Wortz und David Ryeczek
  • Coverillustration: Mike Mignola und David Stewart
  • Produzenten: Colleen Delany, Scott McCormick, David Zitney, Casey Green und Aaron Coe
  • Ausführende Produzenten: Anji Cornette , Duane Beeman und Matt Webb

Sprecher

  • Anastasia BransfieldJasmine Hyde
  • HellboyScott McCormick
  • Tim CrowtherStewart Crank
  • Sofia BalerioCarolla Parmejano
  • Inspector BarbosaSebastian Zancanaro
  • EckhartPeter Holdway
  • Ian WilliamsKay Eluvian

Weitere Sprecher:innen

  • Bia Borin
  • Vinicius Faria Zinn
  • Stephanie Németh-Parker
  • Eric Messner
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Über den Autor

Sebastian Stelling

Redakteur

Moin, ich bin Sebastian. Auf audiodramaseurope.de sammle ich die besten europäischen Hörspiele, schreibe ehrliche Reviews, führe Interviews und zeige dir, wo du alles legal hören kannst.

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