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VIDAN – Staffel 3: Schrei nach Vernichtung

Mit Schrei nach Vernichtung führt Raimon Weber seine Mystery-Thriller-Saga konsequent in eine neue Eskalationsstufe. Dreizehn Monate nach den Ereignissen am Newell-See in Montana kippt die zuvor trügerische Ruhe in Blackdale in einen Zustand permanenter Bedrohung. Gleichzeitig bricht im fernen Santa Charcas (Mexiko) die Zivilordnung: Korruption, Kartellgewalt und eine gezielt herbeigeführte Destabilisierung bilden den Boden für ein größeres, metaphysisch aufgeladenes Experiment—ein Tor zur anderen Seite, das die Grenzen zwischen Leben und Tod perforiert. Sheriff Miles Vidan kämpft um sein Zuhause und seine Familie; Sally und Khalan sind nicht nur emotionale Anker, sondern auch Reibflächen für die Frage, wie weit Schutz, Geheimhaltung und Opferbereitschaft gehen dürfen. Kirima wächst erneut in die Rolle der Stoßtrupp-Kämpferin, die die monströsen Konsequenzen früherer Evolutionsexperimente konfrontiert.

Dramaturgisch balanciert Staffel 3 drei Ebenen:

  1. das kleinstädtische Blackdale als Brennglas für Angstökonomie, Lokalpolitik und Familienstreitkräfte;
  2. Santa Charcas als urbaner Hexenkessel, in dem Nosara Varela als neue Polizeichefin versucht, das Gesetz gegen Kartellboss Dante Fuento aufrechtzuerhalten;
  3. die mythologische Sphäre der anderen Seite, die mittels Ritualen, Technik und Skrupellosigkeit tastbar gemacht wird.

Die Staffel verschiebt VIDANs Tonlage: Weg vom reinen Investigation-Horror der ersten Staffel und der gigantisch-apokalyptischen Weitung aus Staffel 2 hin zu einem Zwei-Fronten-Krieg. Ergebnis ist ein Wechselspiel aus Heimsuchung (Blackdale), Belagerung (Santa Charcas) und metaphysischer Infiltration (die andere Seite). Wiederkehrende Motive—Schuld und Sühne, die Verführungskraft von Macht, die Instrumentalisierung der Toten, die Zerbrechlichkeit familiärer Bindungen—ziehen sich leitmotivisch durch alle zehn Episoden und verleihen dem Staffelbogen Stringenz.

Formal bleibt sich die Serie treu: Wechsel aus intimen Dialogen, weit aufgerissenem Worldbuilding, harschen Gewaltspitzen und poetischen Off-Sätzen. Charaktere wie Nootau (Medizinmann) und Leroy fungieren als Brückenfiguren zwischen Diesseits und Jenseits: Der eine als Bewahrer, der andere—tragisch—als Medium und Spielball. Dante Fuento steht exemplarisch für die Sehnsucht nach Unsterblichkeit, kanalisiert durch Kartellmacht und Okkult-Tech. Insgesamt liest sich Staffel 3 wie ein Belagerungsthriller, der an zwei Schauplätzen die gleiche Frage stellt: Wie viel Verstörung hält ein Gemeinwesen aus, ehe es kippt?

Folgen-Zusammenfassungen

Folge 1: Der Tod in Santa Charcas

Santa Charcas wird zum Fanal. Ein präzise geplantes Attentat setzt eine Kettenreaktion in Gang: gezielte Ausfälle, inszeniertes Chaos, plötzliche Gewaltspitzen. Hinter all dem steht ein Plan, der die Stadt nicht nur politisch destabilisieren, sondern sie als Startpunkt einer Invasion von der anderen Seite instrumentalisieren soll. Der Tod dient als Ritual und Signatur.

Während in Santa Charcas die Lage eskaliert, registriert Miles Vidan in Blackdale die Rückkehr der Angst—nicht mehr als abstrakte Bedrohung, sondern als Druck auf der Brust: das Gefühl, dass Sicherheit nur eine Atempause zwischen zwei Beben ist. Die erste Folge stellt die Doppelachse der Staffel her: Urbaner Zerfall in Mexiko und heimische Heimsuchung in Montana—untrennbar verknüpft durch eine Intelligenz, die auf beiden Seiten der Grenze operiert.

Folge 2: Mutation

Ein Überfall auf eine Farm in Kanada entfesselt Erinnerungen an die monströsen Kreaturen der Vergangenheit—Wesen, die man für versunken hielt. Der biologische Horror ist zurück, tückischer denn je, und er verbindet sich mit den Experimenten der Gegenseite. Kirima tritt in den Vordergrund: taktisch, fokussiert, ohne Illusionen darüber, was nötig ist, um das Durchsickern dieser Evolutionsfehler zu stoppen.

Parallel vertiefen sich die Spuren nach Santa Charcas. Der erzählerische Trick: Die Folge wechselt zwischen mikroskopischem Grauen (der Überfall wirkt unmittelbar, körperlich, roh) und makroskopischem Worldbuilding (die organisatorische Ineinandergreifung der Kräfte, die an der anderen Seite arbeiten). So verschiebt sich die Staffel auf eine operativ-globale Ebene, ohne Blackdale aus dem Blick zu verlieren.

Folge 3: Grauschatten

Sicher geglaubte Orte werden perforiert: Einrichtungen, Häuser, persönliche Zufluchtsräume—nichts erweist sich als immun. Gier tritt als Katalysator hervor: Menschen, die glauben, mit den neuen Kräften Geschäfte machen zu können, werden selbst zu Spielbällen. Miles stößt auf Verbündete, die andere Loyalitäten pflegen; Stokers Vergangenheit bricht ins Jetzt—audiophon stark verdichtet, denn der Schnitt spiegelt Stokers innere Zerrissenheit.

Die Folge bringt die Frage nach Komplizenschaft auf den Punkt: Nicht nur die Monster gefährden Blackdale, sondern auch menschliche Schwächen—Karrieregier, Eitelkeit, lokale Machtrituale. Endpunkt ist ein Gefühl breitflächiger Verunreinigung: Selbst politische Elitenhäuser sind nicht mehr sauber.

Folge 4: Ewiges Sterben

Die andere Seite rückt näher—nicht nur räumlich, sondern genealogisch. Ein zentrales Motiv der Folge: Verbrechen, die nicht verjähren, sondern im Blut nachklingen. Ein Täter erkennt, dass ewig sterben keine Metapher ist: Schuld ist hier kein abstraktes Konzept, sondern existenzielle Kontinuität. Gleichzeitig platzt eine Mutter-Sohn-Wahrheit in die Blackdale-Gegenwart und reißt ein Loch in familiäre Narrative.

Handwerklich prägt die Folge ein eleganter Wechsel aus moralischem Diskurs (Off-Texte mit aphoristischer Wucht), proceduralen Momenten (Ermittlung, Konfrontation) und kosmischer Drohkulisse (Ritualreste, Anomalien, Vorzeichen). Ewiges Sterben verschiebt VIDAN von der Genre-Schublade Monster-Thriller Richtung schuldtheologischer Mystery-Noir.

Folge 5: Flehende Seelen

Leroy wird zur tragischsten Figur des Mittelakts. Vom Kartellboss Dante Fuento als Glücksbringer missbraucht, dient sein leidender Körper als Medium zwischen den Welten. Fuento hat Angst vor der Strafe nach dem Tod und will sie durch eine technische/okkulte Abkürzung suspendieren. Santa Charcas bezahlt den Preis: Unbeteiligte verschwinden, erkranken, verfallen.

Die Folge setzt Körperlichkeit zentral: Geräuschdesign und Vocal-Performances bilden Leroys Verfall ab, ohne ihn voyeuristisch auszuspielen. Moralische Fronten verhärten sich: Nosara Varela erkennt, dass reines Polizeihandwerk gegen eine Jenseits-Maschinerie nicht genügt. Hier setzt VIDAN auf Crossover-Ethik: Forensik trifft Ritualkunde, Strafrecht trifft Metaphysik.

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Folge 6: Der El Paso-Vorfall

Die Staffel öffnet neue Flanken: Zwei Besucherinnen aus Detroit agieren in Blackdale mit tödlicher Konsequenz; die Spur des Black Juice führt Kirima bis zu den Falkland-Inseln—ein Schauplatzwechsel, der die Geografie der Serie unerwartet erweitert. Während ein Priester an seiner Mission zweifelt, verschränken sich militärische, kriminelle und spirituelle Strukturen.

El Paso steht hier sinnbildlich für Transitknoten, Grenzen, Schmuggelrouten—und eben jene Durchgänge, um die es der Gegenseite geht. Erzählerisch ist das eine Drehscheibe-Folge: Sie verbindet die US-Grenzwelt, den Südatlantik und Blackdale. Die Konsequenz: Das Lokale ist nicht mehr isolierbar; Blackdale ist ein Knoten im Netz.

Folge 7: Caja Sorpresa

In einem verwahrlosten Hochhaus in Santa Charcas kulminiert der große Plan: Der Zugang zur anderen Seite wird operationalisiert. Nosara Varela stemmt sich gegen Korruption, Drogen, plötzliche Gewaltausbrüche—doch sie ahnt, dass das erst die Vorbereitungsphase ist. Der Begriff Springteufel fällt als unheimliche Chiffre für die treibende Kraft hinter den Gewaltausbrüchen.

Die Folge ist ein Belagerungspanorama: Treppenhäuser, dunkle Etagen, improvisierte Barrikaden—akustisch dicht und klaustrophobisch. Caja Sorpresa—die Überraschungsbox—wird zum Bild für unkalkulierbare Eskalation. Jegliche klassische Polizeitaktik scheitert, wo Gegner aus einer anderen Zustandsform agieren.

Folge 8: Die Gesandte

Die Springteufel finden unschuldige Opfer; Santa Charcas kippt in eine Mischung aus Panik und Aberglauben. In Blackdale sucht Miles Hilfe bei Nootau, dessen Schutzrituale nicht romantisiert, sondern als drängende Notwendigkeit inszeniert werden. Unter der Farm eröffnet ein Gewölbe den bislang direktesten Blick in die andere Seite—mit einem Mann, der die Grenze überschreitet und ein Unsagbares erfährt.

Die Gesandte markiert die Schnittstelle: Die Gegenseite hat nun Stimme, Wille, Ziel—kein unpersönliches Phänomen mehr, sondern Akteur. Die Dramaturgie nutzt das, um die moralische Ambivalenz zu verschärfen: Wer Gesandte schickt, reklamiert Legitimation. Auf welcher Basis? Welche Schuld und wessen Recht?

Folge 9: Nootaus Kampf

Die Wälder um Blackdale werden zur Pufferzone: Tiere fliehen, als Vorboten einer Jagd auf das, was Miles am meisten liebt. Nootau wird zur tragenden Figur—nicht als Allheiler, sondern als Strateg einer anderen Wissensordnung. Miles und sein Umfeld wachsen über sich hinaus; dennoch zeigt sich der Gegner taktisch schlau: Täuschung ersetzt offene Konfrontation.

Die Folge zieht die Spannungsschraube an, indem sie Familienbedrohung ganz konkret ins Zentrum rückt. Die Tonspur nutzt Distanz-Geräusche (Waldknacken, ferne Rufe, Wind), um Präsenz zu erzeugen. VIDAN war selten so unmittelbar: kein abstrakter Weltuntergang, sondern Haus und Hof auf dem Spiel.

Folge 10: Überleben?

Dante Fuento glaubt, den Endpunkt erreicht zu haben: Santa Charcas liegt im Chaos, das Tor stabilisiert sich, Vorboten überschreiten die Barriere. Kirima setzt alles aufs Spiel; in Mexiko fällt ein Priester-Entschluss, der moralische und narrative Wucht hat. In Blackdale stellt sich die Frage nicht mehr, ob man kämpfen soll—sondern wie, wo und wie lange.

Das Finale schließt den Staffelbogen mit einer doppelten Klammer: Die personale Angstgeschichte einer Familie und die systemische Zerrüttung einer Stadt sind Symptome desselben metaphysischen Angriffs. Der letzte Akzent ist bewusst knapp: Überleben?—mit Fragezeichen. VIDAN verweigert die totale Auflösung zugunsten eines Nachbebens, das die Welt als fragil markiert. (Episodenabschluss und Teaserinhalte über die offizielle Folgenliste belegt.

Figurenlage und Beziehungen

Miles Vidan bleibt der moralische Mittelpunkt: kein makelloser Held, sondern jemand, der unter der Last von Verantwortung, Geheimniszwang und Liebespflicht menschlich wirkt. Sally ist mehr als der Mensch, für den gekämpft wird—sie ist medizinische Ratio, die biologische von okkulten Erklärungen trennt, ohne zu negieren, was nicht in Lehrbüchern steht. Khalan erdet die Serie emotional, indem sie zeigt, was auf dem Spiel steht, wenn man Familie unter Belagerung führt.

Kirima steht für den Handlungswillen: Sie verflicht Nahkampf, Feldkenntnis und stoisches Ethos zur vordersten Linie. Nosara Varela fungiert als Spiegel—eine Instanz des Rechts in einer Umgebung, die das Recht beiseite drückt. Nootau gibt der Staffel die spirituelle Tiefenschärfe, ohne zur Fantasy-Staffage zu verkommen: Sein Wissen bricht die Technik-Hybris der Gegenseite. Leroy ist das tragische Opfer einer Welt, die Körper als Durchgang missbraucht. Dante Fuento bündelt Zynismus, Todesangst und Größenwahn zur gefährlichsten Mischung: Macht plus Metaphysik.

Themen, Motive und Erzählweise

Im Zentrum der dritten Staffel steht das Motiv der Grenze: geografisch zwischen Montana und Mexiko, institutionell zwischen Recht und Korruption, existentiell zwischen Leben und Tod. Die Erzählung interessiert sich weniger für die Linie selbst als für deren Porosität—für Übergänge, Schleusen, Risse. Die andere Seite ist dabei kein bloßer Mythos, sondern ein Akteur, der Grenzen technisch, rituell und psychologisch unterläuft. So wird aus dem klassischen Kleinstadtthriller ein Grenzdrama, in dem Heimatschutz, Kartelllogik und metaphysischer Zugriff aufeinanderprallen. Angst fungiert als Währung; wer sie kontrolliert, steuert Entscheidungen. Santa Charcas zeigt, wie Angst professionell organisiert wird, Blackdale, wie sie im Nahbereich Beziehungen zerfrisst: Familie, Nachbarschaft, Amtsethos—alles gerät unter Druck.

Ein zweites Leitmotiv ist Schuld als Kontinuität. Die Serie formuliert Schuld nicht als juristische Episode, sondern als fortwirkende Präsenz, die über Generationen, Körper und Räume hinweg spürbar bleibt. Ewiges Sterben ist dafür die prägnante Chiffre: Verfehlungen verschwinden nicht, sie modulieren Wirklichkeit. Dagegen setzt die Staffel keine wohlige Katharsis, sondern Handlungen, Opfer, Entscheidungen—kleine, harte Schritte, die Konsequenzen tragen. Das verleiht Figuren wie Miles, Kirima, Nootau oder Nosara Schwere und Richtung; nicht als makellose Helden, sondern als Menschen, die Verantwortung unter widrigen Bedingungen nicht ablegen. Die Gegenseite spiegelt das invers: Machtgier, Unsterblichkeitssehnsucht, das Kalkül, Körper als Durchgänge zu missbrauchen. Daraus erwächst eine Ethik des Widerstands, die nicht pathetisch auftrumpft, sondern nüchtern bleibt.

Erzählerisch arbeitet die Staffel mit einer doppelten Klammer: Blackdale und Santa Charcas bilden zwei Spiegelräume, die sich gegenseitig aufladen. Parallelmontagen und harte akustische Schnitte treiben das Tempo, ohne die Orientierung zu zerstören. Off-Sätze wirken wie kalte Messer—kurz, präzise, erinnerbar—und geben dem Hören Halt, wenn die Handlung springt. Charakterperspektiven sind nah geführt, wodurch selbst großformatige Eskalationen konkrete Reibungsflächen bekommen: Küchentisch, Treppenhaus, Waldschneise, Farmkeller. Die Serie vermeidet lange Erklärdialoge; statt Worldbuilding im Vortrag nutzt sie Spuren, Requisiten, Prozeduren. So entsteht ein Noir-getönter Ton, der Ermittlungsrealismus, kosmischen Schrecken und Belagerungsthriller zu einer konsistenten Klangdramaturgie verschaltet.

Bemerkenswert ist die konsequente Verankerung des Übernatürlichen im Greifbaren. Wege, Distanzen, Behördenzuständigkeiten, Schmuggelrouten—solche Details sind nicht Dekor, sie strukturieren Kausalität. Ritual und Technik werden nicht gegeneinander ausgespielt, sondern als zwei Verfahren der Grenzverletzung ineinandergeschoben. Damit vermeidet die Serie die Falle reiner Mystifizierung: Das Unerklärliche bleibt unerklärlich genug, erhält aber Folgen, die sich im Irdischen niederschlagen—Krankheit, Verschwinden, Panik, Machtverschiebung. Zugleich bleibt Raum für Ambivalenzen: Nicht jede Vision lässt sich verifizieren, nicht jeder Sieg hält, nicht jede Rettung ist endgültig.

Schließlich prägt die Staffel eine Erzählhaltung der Verdichtung. Dauerhochspannung, präzises Setzen von Pausen, wiederkehrende Klangmotive und motivische Refrains (Tor, Springteufel, Schutz) weben einen Teppich, auf dem man als Hörer nicht ausrutscht, sondern geführt wird—mal sanft, meist unerbittlich. Die Bildsprache im Kopf ist auffallend plastisch: Das sirrende Neon im Hochhausflur, der dumpfe Wald, das trockene Klicken einer Sicherung, das ferne Bellen—alles das stützt die Grundidee, dass Bedrohung kein Meteorit von außen ist, sondern ein Prozess, der durch Ritzen dringt. Themen, Motive und Erzählweise greifen dadurch ineinander: Die Serie stellt nicht bloß eine Invasion dar, sie inszeniert das Gefühl, auf brüchigem Boden zu stehen—und macht genau daraus ihre Spannung.

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Handwerkliche Details – warum die Staffel läuft

Schrei nach Vernichtung funktioniert, weil Form und Inhalt sauber verzahnt sind. Das Sounddesign bildet keine Tapete, sondern eine zweite Erzählebene: Knirschender Waldboden, ferne Hunde, das sirrende Neon im Treppenhaus von Santa Charcas oder das trockene Klicken einer Sicherung setzen räumliche Marker, die Orientierung geben und zugleich Druck erzeugen. Die Geräuscharchitektur arbeitet mit Tiefenstaffelung—Vordergrund-Foley, atmende Mitten, sparsame, aber pointierte Fernkulisse—sodass Szenen dreidimensional wirken, ohne in Lärm zu kippen. Die Musik hält sich taktisch zurück: Statt Dauerteppich setzt sie auf wiederkehrende Motivzellen (kurze Pattern, Pulsfiguren, dunkle Liegetöne), die Figuren- und Ortswechsel subtil kommentieren und die innere Spannung verstärken. Wenn sie anzieht, dann gezielt an Taktkanten—vor Cliffhangern, bei Enthüllungen oder als kurzer Nachbrenner nach Action—und bleibt damit dramaturgisch dienlich.

Der Schnitt ist der heimliche Motor. Episoden wechseln konsequent zwischen Blackdale und Santa Charcas, oft am emotionalen Peak einer Szene, sodass das Momentum erhalten bleibt. Harte Bild-äquivalente Übergänge—ein Türschlag, ein Funkrauschen, ein Atemzug—werden als akustische Schnittmarken genutzt; daraus entsteht ein Rhythmus, der Tempo bringt, aber nie hetzt. Dialogregie und Mikrofonierung tun ihr Übriges: Nahaufnahme da, wo Nähe schmerzt; mehr Raum, wenn Bedrohung von draußen heranrollt. Stimmen sind sauber differenziert, Sprechtempo und Pausen sitzen; selbst in dichten Gefechtspassagen bleiben Rollen klar erkennbar. Kurze, präzise Off-Sätze fungieren als Klammern—nicht erklärbärig, sondern pointiert—und geben dem Hörer Anker, wenn die Handlung große Sprünge macht.

Schließlich erdet die Serie ihr Übernatürliches mit realistischer Logistik. Wege, Entfernungen, Behörden, Schmuggelrouten—solche Details sind nicht Kulisse, sie strukturieren Entscheidungen. Dadurch tragen auch kleine Requisiten akustisch Gewicht: das Klacken einer Patronenhülse, das Reiben eines Stoffbands, das Zischen eines entweichenden Ventils. Diese Summe aus sorgfältiger Klangkomposition, taktisch gesetzter Musik, schnittbewusstem Erzählfluss und disziplinierter Sprecherführung sorgt dafür, dass die Staffel nicht nur spannend erzählt, sondern präzise gebaut ist—und genau deshalb trägt.

Stärken

Die dritte Staffel überzeugt vor allem durch ihre zweifache Verankerung: Blackdale und Santa Charcas bilden ein spannungsreiches Gegenpaar, das Heimatbedrohung und urbanen Zerfall miteinander verschränkt und die Handlung jederzeit geerdet hält. Daraus erwächst ein durchgehend hohes Erzähltempo, das trotzdem nie in Beliebigkeit kippt, weil die Serie ihre Figuren scharf zeichnet—allen voran Miles, Kirima, Nosara und Nootau—und ihre Motive klar durchdekliniert: Schutz, Verantwortung, Schuld, Widerstand. Die mythologische Ebene ist nicht bloß Kulisse, sondern handlungswirksam; die andere Seite agiert als eigener Spieler, was dem Stoff Tiefe und Unvorhersehbarkeit gibt.

Handwerklich ist die Staffel sehr präzise gebaut: Das Sounddesign formt Räume—Wald, Farm, Hochhaus, Straßenschluchten—so plastisch, dass Bilder im Kopf entstehen, während die Musik Stimmungen trägt, ohne die Szenen zu überladen. Der Schnitt hält Parallelhandlungen straff zusammen, setzt harte Übergänge, die Momentum erzeugen, und lässt den Figuren dennoch Luft für pointierte Dialoge. Die Sprecherführung sorgt mit markanten Stimmfarben für Orientierung in dichten Action-Passagen; Emotion, Härte und Ruhepunkte sind sauber austariert. Ergänzt wird das von einer stimmigen Weltlogik: Wege, Entfernungen, Logistik, Behördenwege und Schattenwirtschaft greifen ineinander, sodass das Übernatürliche im Konkreten verankert bleibt. All das ergibt eine Staffel, die Spannung nicht nur behauptet, sondern akustisch, erzählerisch und atmosphärisch zuverlässig liefert.

Mögliche Kritikpunkte

Wer Schrei nach Vernichtung mit der Erwartung an klare Antworten hört, könnte an manchen Stellen anecken: Die kosmische Logik der anderen Seite bleibt bewusst elliptisch, Andeutungen ersetzen Erklärungen. Das stützt die unheilvolle Atmosphäre, kann aber bei Hörerinnen und Hörern, die harte Regeln und eindeutige Kausalitäten mögen, Frust auslösen. Dazu kommt die Dauerhochspannung: Staffel 3 gönnt kaum Atempausen, treibt Konflikte parallel an zwei Schauplätzen voran und schichtet oft ohne Entlastung weitere Eskalationen obendrauf. Das ist wirkungsvoll, kann aber je nach Hörgewohnheit als Überfrachtung empfunden werden, zumal die psychologische Regeneration der Figuren selten ausgespielt wird.

Ein zweiter Einwand betrifft bekannte Genremotive in den Santa-Charcas-Passagen. Kartellgewalt, korrupte Strukturen und Belagerungsszenarien sind schlüssig ins VIDAN-Universum eingebettet, bleiben in der Darstellung aber punktuell nah an vertrauten Thrillercodes. Wer sich hier radikal neue Perspektiven erhofft, findet eher Variation als Dekonstruktion. Gelegentlich wirkt auch die Taktung der Parallelhandlungen fordernd: Schnelle Schnitte halten die Spannung, lassen aber Nebenfiguren bisweilen funktional erscheinen. Einzelne emotionale Wendungen—vor allem in Richtung Finale—sind sehr entschieden gesetzt; je nach Erwartung an Plausibilität und Fallhöhe könnten sie als hart oder zu glatt wahrgenommen werden. Schließlich ist die Klangregie zwar dynamisch und präzise, setzt aber häufig auf laute Peaks und dichtes Layering—im Kopfhörer fesselnd, im Nebenbeihören mitunter anstrengend. Unterm Strich sind das keine Brüche im Konzept, eher Sollbruchstellen einer Erzählhaltung, die kompromisslos auf Intensität, Verdichtung und mythologische Offenheit setzt.

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Fazit

Schrei nach Vernichtung ist eine konzentrierte Eskalation: VIDAN setzt die Bausteine aus Staffel 1 (Heimsuchung) und Staffel 2 (Weltausweitung) so zusammen, dass eine Belagerungsgeschichte an zwei Fronten entsteht—emotional geerdet in Blackdale, politisch-kriminell aufgeheizt in Santa Charcas und ideologisch aufgeladen durch die andere Seite. Die Staffel überzeugt durch stringentes Figurenmotiv, pointierte Off-Texte, präzise Klangregie und mutige Geografie. Das offene Fragezeichen des Finales ist Programm: VIDAN verhandelt nicht den Sieg über das Böse, sondern die Resilienz derjenigen, die weiterleben müssen—trotz allem.

VIDAN: Welche Staffel ist dein Favorit?

Staffel 1 – Schrei nach Stille, Staffel 2 – Schrei nach Angst oder Staffel 3? Kurz begründen – 2–3 Sätze reichen.

VIDAN – Staffel 3: Schrei nach Vernichtung

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Produktion

  • Autor & Regie: Raimon Weber
  • Produzenten: Raimon Weber & Uwe-J. Kaddik
  • Sprachaufnahmen & Sprachschnitt: Arnd Sünner , Andy Muhlack
  • Tonstudio: Make Music Productions
  • Sprachaufnahmen (Berlin): Tommi Schneefuß , Sound of Snow Studio
  • Geräusche, Sounddesign & Mischung: Andy Muhlack
  • Musik: Andy Muhlack
  • Geräuschemacher: Heinrich-Dieter Hebben
  • Mastering / produziert bei: Make Music Productions
  • Vidan Main Theme: geschrieben & produziert von Andreas Hötter für ORCAS STUDIO
  • Musik & Sounds in den Rückblicken (Folge 1 & 3): Andreas Hötter
  • Grafik: DANGEROUS Werbeagentur
  • Redaktion: Hilla Fitzen

Sprecher & Rollen

  • ErzählerGordon Piedesack
  • Miles VidanLars Schmidtke
  • Nosara VarelaSvantje Wascher
  • Doc Sally HansenLuise Helm
  • NawatNorman Matt
  • KirimaCorinna Dorenkamp
  • Dante FuentoThomas Balou Martin
  • Antonio RamirezJean Paul Baeck
  • NootauBert Stevens
  • LeroySebastian Fitzner
  • KhalanAnn-Kathrin Hinz
  • Priester AmberFritz Rott
  • SanchezDietmar Wunder
  • MariaChristiane Werk
  • Deputy Jason StokerMarkus-Andreas Klauk
  • Deputy Ted DuvallDaniel Rothaug
  • Deputy Jessy ReynoldsLisa Cardinale
  • Dr.BenoitPeter Nottmeier
  • Henry McDowellKonrad Bösherz
  • Colonel PhoenixMatthias Hoff
  • Joleen HoffaDaniela Hoffmann
  • Mrs. PencroftBette Koch
  • Mrs. HechtClaudia Mischke
  • Linda McDowellNina Goldberg
  • Sergeant Major StanfieldChe Koch
  • BethCornelia Meinhardt
  • Frau der anderen SeitePetra Konradi
  • Mann der anderen SeiteKarl-Heinz Herber
  • Carlos GamboaFelix Strüven
  • ChinesenstimmeLukas Kaddik

Weitere Sprecher:innen

  • Colin Robin Brosch
  • Philip Bösand
  • Gerhardt Fehn
  • Thomas Fedrowitz
  • Stefab Naas
  • Arnd Sünner
  • Andy Muhlack
  • Olaf Reitz
  • Andrea Aust
  • Holger Schulz
  • Phillipp Schepmann
  • Simon Boer
  • Thomas Linden
  • Harald Schwaiger
  • Michael Heuel
  • Hildegard Meier
  • Markus Bachmann
  • Stefan Keim
  • Julia Roebke
  • T-Franz Schmidt
  • Christina Ann Zalamea
  • Raimon Weber
  • Uwe-J. Kaddik
  • u.v.m.
blank
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Über den Autor

Sebastian Stelling

Redakteur

Moin, ich bin Sebastian. Auf audiodramaseurope.de sammle ich die besten europäischen Hörspiele, schreibe ehrliche Reviews, führe Interviews und zeige dir, wo du alles legal hören kannst.

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