
Ein düsterer Auftakt in die Welt von Aventurien
Das Schwarze Auge – Im Kerker von Gareth markiert den Auftakt einer ambitionierten Hörspielreihe, die das bekannte deutsche Pen-&-Paper-Rollenspiel Das Schwarze Auge in ein packendes Audioformat übersetzt. Mit viel Liebe zum Detail, einem starken Sprecherensemble und einer düsteren, atmosphärischen Inszenierung lädt dieses erste Abenteuer Hörerinnen und Hörer ein, in die vielschichtige Fantasywelt Aventurien einzutauchen. In einer Welt voller Mythen, Intrigen und Magie beginnt die Reise nicht in einem strahlenden Palast oder einer blühenden Landschaft, sondern im stinkenden, kalten Kerker der Hauptstadt Gareth – ein gewagter, aber faszinierender Einstieg in die Welt von Das Schwarze Auge.
Vom Kerker zur Flucht
Im Zentrum der Geschichte steht der junge Zwerg Gundar Gemmenschneider, der sich eines Tages in einer Situation wiederfindet, die schlimmer kaum sein könnte. Fälschlicherweise eines Diebstahls beschuldigt, wird er in die dunklen Verliese der Stadt Gareth geworfen. Dort begegnet er anderen Gefangenen: dem rauflustigen Thorwaler Hothar, der wortkargen Streunerin Alinne sowie dem geheimnisvollen Auelfen Filoen. Jeder dieser Charaktere bringt seine eigene Vergangenheit, Fähigkeiten und Sichtweisen mit – und gemeinsam schmieden sie einen waghalsigen Plan zur Flucht aus dem Kerker.
Die Geschichte entfaltet sich in einem engen, klaustrophobischen Setting. Die vier Gefangenen müssen zusammenarbeiten, auch wenn sie sich gegenseitig kaum trauen. Dabei entstehen nicht nur dynamische Dialoge und humorvolle Wortgefechte, sondern auch echte emotionale Momente, wenn sie ihre individuellen Hintergründe und Verletzungen preisgeben. Ihre Flucht wird zur ersten Bewährungsprobe einer Gruppe, die schon bald zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammenwächst.
Einsteigerfreundlich und atmosphärisch
Auch wenn Das Schwarze Auge als Rollenspielsystem mit einer komplexen Welt und tiefer Lore verbunden ist, gelingt es dem Hörspiel hervorragend, auch Neueinsteiger nicht zu überfordern. Statt mit langen Erklärungen und Fachbegriffen zu beginnen, wird Aventurien durch die Handlung und das Verhalten der Figuren vermittelt. Die Hauptstadt Gareth – politisches, kulturelles und religiöses Zentrum des Mittelreichs – wird in düsteren Farben gezeichnet. Es ist eine Stadt der Macht und Korruption, in der auch Unschuldige schnell zu Opfern werden können.
Die Beschreibung des Kerkers ist eindrucksvoll: kalte Wände, das Tropfen von Wasser, das dumpfe Echo der Schritte von Wachen – diese Elemente werden durch das Sounddesign spürbar. Der Einsatz von Geräuschen und musikalischer Untermalung schafft eine eindringliche Atmosphäre, die dem Abenteuer zusätzliche Tiefe verleiht. Zugleich deutet sich immer wieder an, dass Gareth noch viele dunkle Geheimnisse birgt, die in späteren Episoden weiter erforscht werden könnten.
Unterschiedlich, aber glaubwürdig
Ein besonderes Highlight des Hörspiels ist die Figurenzeichnung. Die vier Hauptfiguren könnten unterschiedlicher kaum sein, und gerade daraus ergeben sich starke Spannungen und interessante Konstellationen.
- Gundar Gemmenschneider, ist kein typischer Fantasy-Held. Er ist ein junger Zwerg, handwerklich begabt, ein wenig unbeholfen, aber mutig und loyal. Seine Perspektive bildet die emotionale Mitte der Geschichte.
- Hothar, ein Thorwaler, bringt rohe Kraft und eine ordentliche Portion Humor mit. Seine Stimme wirkt rau, lebendig und energiegeladen – ein klassischer Haudrauf mit Herz.
- Alinne, die menschliche Streunerin, ist zynisch, misstrauisch und stets auf der Hut. Sie verleiht der Gruppe eine gewisse Straßenintelligenz und kämpft sichtlich mit ihrer Vergangenheit.
- Filoen, ein Auelf, bleibt lange undurchsichtig. Er spricht wenig, beobachtet viel und scheint über Wissen zu verfügen, das über das Sichtbare hinausgeht. Seine ruhige, fast mystische Stimme bildet einen wohltuenden Kontrast zu den impulsiveren Gruppenmitgliedern.
Diese vier grundverschiedenen Figuren treffen in einer Extremsituation aufeinander – und gerade weil sie sich nicht mögen (oder zumindest nicht vertrauen), wird ihre Zusammenarbeit spannend. Im Verlauf des Hörspiels entwickeln sich vorsichtige Bande, die den Grundstein für weitere gemeinsame Abenteuer legen.
Qualität auf hohem Niveau
Die Produktion von Im Kerker von Gareth stammt aus der Zusammenarbeit zwischen Audionarchie und WinterZeit Audiobooks, mit Unterstützung von Ulisses Spiele, dem offiziellen Verlag für Das Schwarze Auge. Die technische Umsetzung bewegt sich durchweg auf professionellem Niveau. Die Sprecherinnen und Sprecher liefern durchweg überzeugende Leistungen ab, nicht nur in den Hauptrollen. Auch die Nebenrollen – etwa der schmierige Kerkermeister oder die stoischen Stadtwachen – wirken glaubwürdig und tragen zur Immersion bei.
Das Sounddesign ist atmosphärisch dicht und setzt sowohl auf subtil eingestreute Geräusche (Kettengerassel, leise Schreie aus anderen Zellen) als auch auf dramatische Momente, in denen Musik und Soundeffekte zur Steigerung der Spannung beitragen. Auch wenn es keine 3D-Binaural-Abmischung wie in modernen BBC-Produktionen gibt, ist die Klangkulisse hervorragend ausgewogen und raumgreifend.
Licht und Schatten
Trotz der vielen positiven Aspekte ist Im Kerker von Gareth nicht frei von Kritikpunkten. Manche Kenner der Das Schwarze Auge-Welt bemängeln, dass bestimmte Figuren oder Handlungselemente nicht ganz dem offiziellen Aventurien-Kanon entsprechen. Besonders Alinne und Hothar erscheinen für manche Fans zu modern oder zu klischeehaft. Auch die Sprache wirkt gelegentlich etwas zu flapsig oder zeitgenössisch – was im harten Kontrast zur sonst mittelalterlich geprägten Welt stehen kann.
Zudem konzentriert sich das Hörspiel sehr stark auf den Kerker und die Flucht. Wer auf eine große Handlung mit vielen Wendungen und epischen Entwicklungen hofft, könnte enttäuscht sein. Dennoch: Als Pilotfolge erfüllt Im Kerker von Gareth seine Funktion – es führt Figuren und Setting ein, erzeugt Neugier und liefert ein abgeschlossenes Abenteuer.
Verfügbarkeit & Format
Das Hörspiel ist sowohl als CD als auch digital erhältlich. Online-Shops wie Pop.de oder der F-Shop von Ulisses Spiele führen das Hörspiel im Sortiment. Auch bei gängigen Streaming-Plattformen lässt sich Im Kerker von Gareth anhören. Die Spielzeit liegt bei rund 55 Minuten – ideal für eine kompakte Hörerfahrung ohne Längen.
Gelungener Auftakt mit Potenzial
Das Schwarze Auge – Im Kerker von Gareth ist ein gelungener Einstieg in eine potenziell großartige Hörspielserie. Es gelingt, eine dichte, spannende Atmosphäre zu erzeugen, interessante Figuren vorzustellen und ein Gefühl für die Welt Aventurien zu vermitteln. Auch wenn es kleine Schwächen in der Charakterzeichnung oder stilistische Brüche gibt, überzeugt das Hörspiel vor allem durch seine Stimmung, seine Sprecher und den gelungenen dramaturgischen Aufbau.
Für Das Schwarze Auge-Fans ist es ein Pflichttermin – für Neueinsteiger ein willkommener Zugang zu einer der komplexesten Fantasy-Welten Deutschlands. Die abschließende Frage ist nicht, ob man das Hörspiel hören sollte, sondern wann die Fortsetzung kommt – denn die Flucht aus dem Kerker ist nur der Anfang eines größeren Abenteuers.
Das Schwarze Auge – Im Kerker von Gareth
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- Label / Verlag: WinterZeit
- Veröffentlicht:
- Genre: Fantasy
- Herkunft: Deutschland
Sprecher
- Erzähler – Axel Ludwig
- Gundar Gemmenschneider – Claus-Peter Damitz
- Filoen – Marcus Off
- Alinne – Gabrielle Pietermann
- Hothar – Marco Kröger
- Leonida von Beilunk – Angela Wiederhut
- Lares vom weißen Turm – Julius Jellinek
- Sardos – Eckart Dux
- Bardo von Faldir – Till Hagen
- Serhan, der Krämer – Sven Dahlem
- Worwick, der Hüne – Jörg Hengstler
- Beltram von Lauterfurt – Freimut Götsch
- Wärter – Boris Tessmann, Marios Gavrillis, Oliver Baumann
- Unterstützende Stimmen – Tom Jacobs, Axel Lutter, Patrick Bach
