Gruselserie – Dracula: Tod im All

Ein Hörspiel zwischen Konzept und Katastrophe

Manchmal ist eine Idee allein nicht genug – Dracula – Tod im All, die fünfte Folge der neuen Gruselserie von Europa, ist ein Paradebeispiel dafür, wie aus einer originellen Grundidee ein enttäuschendes Endprodukt werden kann. Das Versprechen: den klassischen Vampir-Mythos um Graf Dracula mit einem Science-Fiction-Setting zu verschmelzen. Was auf dem Papier nach einem spannenden Genre-Mix klingt, entpuppt sich im Hörverlauf jedoch als ein uninspiriertes Klangstück voller Klischees, verpasster Chancen und dramaturgischer Schwächen.

Ein Konzept, das verpufft

Das Grundszenario klingt zunächst reizvoll: Die Crew des Raumfrachters Xeron 4 landet auf einem verlassenen Planeten, findet dort einen mysteriösen Sarg und bringt ihn an Bord. Natürlich handelt es sich um kein gewöhnliches Objekt – darin ruht niemand Geringeres als Dracula selbst. Was danach folgt, ist ein vorhersehbares und spannungsarmes Herunterspulen bekannter Horrorversatzstücke: Ein Besatzungsmitglied nach dem anderen wird zur Zielscheibe der vampirischen Bedrohung, während die übrigen ungläubig rätseln, was hier eigentlich vor sich geht.

Doch anstatt diese Prämisse clever zu nutzen oder ihr neue erzählerische Impulse zu geben, bleibt Dracula – Tod im All in einer belanglosen Mitte stecken. Die Science-Fiction-Kulisse dient lediglich als dünne Tapete, auf der altbekannte Gruselmechanismen abgespult werden. Weder das Weltall-Szenario noch Draculas Auftreten werden sinnvoll miteinander verbunden. Am Ende bleibt das Gefühl: Hier wurde etwas zusammengeworfen, das nicht wirklich zusammenpasst.

Handlung ohne Entwicklung

Die Geschichte beginnt mit dem Routineeinsatz der Besatzung des Raumfrachters Xeron 4, die auf einem unwirtlichen, verlassenen Planeten eine merkwürdige Entdeckung macht: Inmitten alter Ruinen finden sie einen mysteriösen, versiegelten Sarg. Trotz Warnungen und Zweifeln bringt die Crew das Artefakt an Bord – nicht ahnend, dass sie damit eine uralte, tödliche Macht befreien.

Kurz darauf häufen sich auf dem Schiff seltsame Vorfälle: Systeme spielen verrückt, Crewmitglieder verschwinden oder verhalten sich merkwürdig. Die Atmosphäre an Bord kippt – doch anstatt mit klarer Bedrohung oder psychologischer Spannung zu arbeiten, bleibt alles vage und klischeehaft. Der Zuhörer wird durch schlichte Monologe und sich wiederholende Alarmdurchsagen auf dem Laufenden gehalten, während sich Dracula im Hintergrund regeneriert und zuschlägt.

Die Angriffe des Vampirs verlaufen beinahe nebenbei. Es gibt keine intensive Auseinandersetzung, keine richtigen Flucht- oder Verteidigungsszenen, sondern ein schematisches Abarbeiten: Opfer tauchen auf, verschwinden oder schreien, der nächste Schritt folgt. Der Spannungsbogen bleibt flach. Selbst die Konfrontation zwischen dem Kommandanten und Dracula wirkt gezwungen und dramaturgisch schwach.

Statt sich organisch zu entfalten oder Raum für überraschende Entwicklungen zu lassen, folgt sie einem rigiden, vorhersehbaren Schema. Jede Wendung lässt sich bereits Minuten im Voraus erahnen. Die Entdeckung des Sarges, das erste unerklärliche Verschwinden, die spärlich gesäten Actionmomente – alles wirkt wie aus einem Generator für 08/15-Gruselgeschichten.

Besonders das Ende enttäuscht. Statt eines spannungsgeladenen Finales wird die Geschichte abrupt beendet. Keine echte Konfrontation, kein symbolisches Finale, kein kathartischer Moment – einfach Stille. Für ein Hörspiel, das sich als Teil einer Gruselserie versteht, ist das eine verschenkte Chance.

Blasse Figuren, hölzerne Dialoge

Die Charaktere bleiben über die gesamte Spielzeit hinweg schemenhaft. Weder lernt man ihre Hintergründe kennen noch entwickeln sie im Verlauf der Geschichte erkennbare Persönlichkeiten. Björn Hellström, der Kommandant des Schiffs, bleibt ebenso blass wie die restliche Crew. Besonders enttäuschend ist der Umgang mit Dracula selbst: Statt als faszinierende, manipulative Figur aufzutreten, bleibt er ein reines Monster – ohne Eleganz, ohne Tiefgang, ohne Reiz.

Die Dialoge tragen ihr Übriges zur Oberflächlichkeit bei. Sie sind oft unfreiwillig komisch, steif und mit Phrasen gespickt, die man so oder ähnlich schon hundertfach gehört hat. Man fragt sich, ob hier überhaupt mit einem dramaturgischen Anspruch geschrieben wurde oder ob einfach schnell produziert werden musste.

Solide Stimmen, verschenktes Talent

Einige Namen im Sprecherensemble lassen aufhorchen: Udo Schenk als Dracula, Christian Brückner als Erzähler – beides erfahrene Stimmen mit viel Charisma. Doch selbst sie können dem Hörspiel nicht den nötigen Glanz verleihen. Ihre Auftritte wirken isoliert, dramaturgisch ungenutzt. Gerade Brückners Erzählerstimme, die in vielen Produktionen ein echtes Highlight ist, wirkt hier fast fehlplatziert – zu schwer, zu bedeutungsschwanger für einen so dünnen Plot.

Auch die weiteren Sprecherinnen und Sprecher – Merete Brettschneider, Romanus Fuhrmann, Anna Carlsson u. a. – bleiben unterfordert. Es fehlt an dynamischem Spiel, an glaubhaften Emotionen, an echten Spannungsmomenten. Vieles wirkt wie aus dem Skript abgelesen – professionell, aber seelenlos.

Technik, die keinen Eindruck hinterlässt

Die Geräuschkulisse gehört traditionell zu den Stärken von Europa-Hörspielen. Doch auch hier macht sich bei Dracula – Tod im All eine gewisse Lustlosigkeit bemerkbar. Das Sounddesign ist bemüht, aber nicht überzeugend. Statt bedrückender Raumstation-Atmosphäre gibt es steril klingende Maschinenlaute und generische Schockeffekte. Das Weltall bleibt akustisch blass – es klingt weder bedrohlich noch fremd.

Auch die Musik enttäuscht: Sie ist vorhanden, aber kaum merklich. Es gibt keine thematischen Motive, keine wiedererkennbaren Klangteppiche, die bestimmte Stimmungen unterstreichen. Die Musik ist schlicht da, wirkt wie Füllmaterial – keine emotionale Verstärkung, kein erzählerischer Mehrwert.

Das Team – Routine statt Innovation

Dass hinter dem Hörspiel bekannte Namen wie Heikedine Körting (Regie und Produktion) oder André Minninger (Buch) stehen, macht die Enttäuschung umso größer. Beide haben unbestritten Hörspielgeschichte geschrieben, doch in diesem Fall scheint der kreative Funke ausgeblieben zu sein. Statt aus der mutigen Grundidee etwas wirklich Eigenständiges zu machen, wurde hier offenbar auf Sicherheit und Routine gesetzt – mit entsprechendem Ergebnis.

Zielgruppe verfehlt

Wem das Hörspiel gefallen könnte, bleibt unklar. Für Erwachsene fehlt es an Tiefgang und Atmosphäre. Für Jugendliche oder Kinder ist das Szenario zu abstrakt und die Umsetzung zu zäh. Wer gehofft hatte, mit dieser Folge ein frisches, modernes Gruselhörspiel zu hören, dürfte enttäuscht sein.

Viel Schatten, kaum Licht

Dracula – Tod im All bleibt als ambitionierter, aber schwach umgesetzter Versuch in Erinnerung. Die Mischung aus Science-Fiction und Horror funktioniert weder dramaturgisch noch atmosphärisch. Was bleibt, ist ein Hörspiel, das man gehört hat – und schnell wieder vergisst. Professionell produziert, aber ideenarm, glattgebügelt, mutlos.

Für Sammler vielleicht ein Pflichtkauf – für alle anderen: leider verzichtbar.

Gruselserie – Dracula: Tod im All

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Produktion

  • Buch und Effekte: André Minninger
  • Redaktion: Hilla Fitzen
  • Geräusche: Wanda Osten
  • Regie und Produktion: Heikedine Körting
  • Musik: Jan Friedrich Conrad, Peter Morgenstern, Constantin Stahlberg, Betty George, Kristian Körting

Sprecher

  • Erzähler Christian Brückner
  • Valentina Alexandrowna Gertie Honeck
  • Stella Dupont Merete Brettschneider
  • Björn Hellström Romanus Fuhrmann
  • Tarik Thomalla Peter G. Dirmeier
  • Diana Labahn Anna Carlsson
  • Walther Beenstock Jürgen Uter
  • Dracula Udo Schenk
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